Unser Barcelona von B über Z bis hin zum A -- Teil 4: L M
Teil 3: HIJK
H:
wie... Hunde und Katzen, sowie Hilfsbereitschaft
Hunde und Katzen
Mehr Infos: https://www.diedoemoetoer5.net/news/unser-barcelona-von-b-uber-z-bis-hin-zum-a-teil-3-h-i-j-k/
Teil 3: HIJK
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Hunde und Katzen
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wie... Hunde und Katzen, sowie Hilfsbereitschaft
Hunde und Katzen
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Teil 4: LM
Hier geht es erst einmal weiter mit den Buchstaben L und M.
L:
wie... Ladenöffnungszeiten, sowie Lichthof
Ladenöffnungszeiten
Zum Großstadtgefühl gehört es natürlich auch, ein großes Einkaufsangebot in Reichweite zu haben. So finden auch wir rund um unsere Wohnung mehrere Supermärkte, Bekleidungsgeschäfte, Fischgeschäft, Fleischhauer, Blumenhandlung, Trafik, Reformhaus, mehrere Apotheken, Spielwarenhändler, Hendlbrater uvm. Alle fußläufig zu erreichen! Ein Traum. Nun würden wir also nicht mehr für jedes Packerl Milch entweder 20 Minuten zu Fuß gehen oder ins Auto steigen müssen. Eines schönen Nachmittags ganz am Anfang unseres Barcelona-Aufenthalts machen wir uns dann gleich einmal auf zum Schaufensterbummel, um die Geschäfte ausgiebig zu erkunden. Die Kinder haben ihr Taschengeld gezählt und sich schon Listen gemacht, was sie alles dringend brauchen (hauptsächlich „Slime“, bzw. Zutaten für selbstgemachten Slime, sowie Glitzerbastelmaterial und Fußballsammelkarten) und auch ich freue mich darauf, die neuen Shoppingtempel kennenzulernen. Nach dem Mittagessen ziehen wir los, nachdem wir am Vormittag noch fleißig in der neuen Wohnung herumgeräumt haben. Die Ernüchterung folgt rasch: Anstelle von Einkaufsfreuden erwarten uns heruntergelassene Wellblechrollläden. Die sonst so fröhlichen Geschäftsstraßenzüge machen aufgrund der rostigen, besprayten Bleche einen desolaten, slummigen und verlassenen Eindruck. Es ist nämlich: SIESTA! Zwischen 13 und 17h30 gehen sogar in einer Großstadt wie Barcelona die Ladenbesitzer auf Mittagspause. Weil hier die Kriminalität auch am helllichten Tag floriert (bzw. die Einbrecher in den verlassenen Geschäftsstraßen eh ungestört werken könnten, weil alle beim ausgiebigen Mittagsmahl sitzen), werden die Geschäftsportale rigoros hinter den hässlichen Rollläden verborgen. Man kann als Kunde außerhalb der Öffnungszeiten also nicht einmal das Angebot im Schaufenster betrachten. Für uns ist es jedenfalls auch sehr ungewohnt, dass wir just zu den Zeiten, wo wir eigentlich meistens unsere Einkäufe erledigen würden, vor verschlossenen Türen stehen. So sind wir dann auch meistens so losgezogen, dass wir gleich um 17h30 die ersten im Geschäft waren. Die zum Ausgleich nächtlichen Sperrstunden bis 22h oder sogar noch später, haben wir hingegen nie wirklich genutzt. Wer geht denn auch bitte um 22h mit den lieben Kleinen Schuhe kaufen oder für einen Bummel ins Spielzeuggeschäft? Ja eh, die Spanier! Die erledigen das, so wie wir, auch gern noch vor dem Abendessen.
Dort, wo sich in Barcelona die Touristen tummeln, sind die Öffnungszeiten der Geschäfte natürlich an deren gänzlich unspanische Vorlieben angepasst. Da kann man von 10h bis 23h alles und das jederzeit erstehen. In unserem wenig touristischen Grätzel nimmt man sich aber noch die Zeit für eine schöne Siesta und richtet sich als Kunde seinen Shoppingplan halt danach aus – man will ja außerdem ebenso ausgiebig und gemütlich Mittagessen und zu diesen Unzeiten nicht einkaufen gehen, caramba!
Anders als die individuellen, kleinen Geschäfte, von denen es in Barcelona zum Glück noch sehr viele gibt, haben die Lebensmittelketten durchgehend geöffnet, allerdings auch mit etwas ungewohnten Öffnungszeiten. Vor 9h30 sperrt hier kein Supermarkt auf (zum Vergleich in Ö: 7h40), dafür ist dann aber offen bis 23h und samstags zumindest bis 21h30. Sehr komfortabel, zumal die Geschäfte wirklich nur wenige Meter von unserer Wohnung entfernt waren. Es ist Samstag 20h, die Kinder wünschen sich zum Abendessen unbedingt eine Tiefkühlpizza? 10 Minuten später ist sie im Haus. Schräg vis-à-vis befindet sich sogar ein kleiner Supermarkt, der täglich bis 23h geöffnet ist. So kann auch sonntags gemütlich eingekauft werden, was die Mahlzeitenplanung einerseits erleichtert, weil man nicht so weit im Voraus planen muss, andererseits natürlich auch dazu einlädt, recht bequem zu werden.
Wer übrigens mehr darüber lesen will, was wir in spanischen Supermärkten während der Öffnungszeiten alles erlebt haben (Gruselschocker inklusive!), findet den entsprechenden Beitrag hier.
Wenn man am 30.12. für Silvester und Neujahr einkaufen geht und durch puren Zufall eine Zeche von € 55,55 zusammenbringt, muss das neue Jahr ja einfach ein besonders glückliches werden, oder? Die Kassiererin, die Leute in der Schlange hinter mir und nicht zuletzt ich selbst waren davon jedenfalls fest überzeugt und haben uns alle sehr gefreut. Naja. So ganz hat das nicht funktioniert.
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Lichthof
In Barcelona leben sehr viele Menschen auf sehr engem Raum. Da die Stadt vom Mittelmeer, zwei Gebirgszügen und einem Fluss eingegrenzt wird, ist für die Bevölkerung naturgegeben nicht unbegrenzt Platz vorhanden. Darauf muss natürlich beim Hausbau Bedacht genommen werden – Wohnfläche gibt’s keine zu verschenken. Die Häuser sind also meistens im Karree angeordnet, wobei sich innen keine luxuriösen, weitläufigen Innenhöfe befinden, wie man sie beispielsweise aus Wien kennt. Im Inneren des Vierkanters ist lediglich ein sehr schmaler Freibereich, den man optimistisch als „Lichthof“, realistisch aber eher als „Lichtschacht“ bezeichnen könnte. Oft sind diese Lichthöfe mit Glas- oder Kunststoffabdeckungen überdacht, bleiben also witterungsgeschützt. Je weiter oben man wohnt, umso mehr Licht kann man erheischen. Ab dem 6. Stock abwärts spenden die Fenster zum Lichthof aber bloß nur mehr Funzellicht, das man kaum Tageslicht nennen könnte und das auch nicht in der Lage ist, einen Raum zu erhellen. Das in einer Stadt, in der es zu jeder Jahreszeit so viel und so lange Licht gibt. Kaum zu glauben. In barcelonesischen Wohnungen wird zwischen zwei Bereichen unterschieden: „exterior“, also nach außen gerichtet, und „interior“, nach Innen gerichtet. In Wohnungsanzeigen beschreiben findige Makler diese Tatsache gern beschönigend mit „Tag- und Nachtbereich“ der Wohnung, was der Misere einen wesentlich gemütlicheren Anstrich verleiht, aber im Endeffekt auch nichts an der Situation ändert: Die exterior-Räume haben Fenster zur Straße hin und kriegen untertags auch richtig schönes Tageslicht ab. Die interior-Räume hingegen kann man tagaus tagein nur mit künstlichem Licht erleuchten, eine Tatsache, die mich in den ersten Wochen Barcelona immens gestört hat. In unserer Wohnung waren die Küche und das Zimmer von Paul und Rosemarie „interior“, dafür mit sehr starken Lampen ausgestattet, sodass das Manko zumindest lichttechnisch nicht so augenscheinlich war. Trotzdem habe ich mich lang nicht daran gewöhnen können, dass 1/3 unserer Wohnung immer dunkel war.
Die Lichthöfe sind aber nicht ganz umsonst – sondern werden sogar täglich und fleißig genutzt. Nämlich: Zum Wäscheaufhängen und für gemütliche Tratscherl mit den Nachbarn von Fenster zu Fenster. Daneben laufen auch die Gasleitungen, sowie die Abgasleitungen der Gastherme und des Dunstabzugs der Küchenherde draußen im Lichtschacht zusammen.
Im Bild links kann man gut die dicken weißen Abluftrohre erkennen, im Bild rechts die Gasrohre und Gaszähler (gelb). Viele Nachbarn haben ihre Wäscheleinen durch leichte Planen geschützt, damit die Wäsche nicht durch Schmutz und Staub von oben verunreinigt wird.
Dass gerade um die frühe-Nachmittagszeit, bzw. Abendzeit, wenn die spanischen Herde angeworfen werden, ein Schwof an diversen Küchendüften durch den Lichtschacht wabert, habe ich auch rasch gelernt, nachdem ich die erste Wäsche nach unserer Mittagessenzeit direkt in den Dunstabzugsduft der Nachbarn hineingehängt habe – und sich dann statt „Eau de frisches Waschmittel“ ein „Eau de gebratener Fisch mit Knoblauch“ in den T-Shirts festgesetzt hatte. Merke: Wäscheaufhängen früh am Morgen oder spät am Abend. Trocken wird sie im Lichtschacht nämlich sehr schnell, da durch den langen Schacht über elf Stockwerke ein Kamineffekt entsteht und immer der Wind ein wenig (oder stark, je nach Wetterlage) durch den Schacht pfeift. Praktisch ist jedenfalls, dass man die Wäsche so aufhängen kann, dass man keine Wäschespinne im Weg oder im Blick haben muss – bei den kleinen Wohnungen auf jeden Fall ein Plus. Auch Außenstehende müssen sich den Anblick von vor sich hintrocknenden Unterhosen und Socken nicht antun; In vielen Wohngegenden von Barcelona ist es sogar per Hausstatut untersagt, seine Wäsche zum Trocknen Straßen- oder Gartenseitig auf den Balkon oder aus dem Fenster zu hängen, damit ein elegantes Gesamtbild gewahrt bleibt.
Da trocknet sie friedlich und halbwegs unsichtbar, unsere Wäsche... rechts oben läßt sich unser Gaszähler erkennen, der rote Bügel ist der Gashahn.
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M:
wie... Medicane, Mini Estadi, Maskenpflicht, Mämchens "Freund", sowie Musical, Konzert und Kino
Medicane
Als Medicane bezeichnet man einen außertropischen Wirbelsturm, einen „mediterranen Hurricane“, der ähnliche Entstehungsbedingungen und Merkmale hat, wie sein tropischer Kollege – zum Glück bis dato aber noch nicht so eine große Zerstörungskraft entwickeln konnte. Grund dafür ist, dass das Mittelmeer flächenmäßig zu klein für die Luft- und Wasserdampfmassen ist, die es braucht, um einen Hurricane von tropischer Stärke entstehen zu lassen. Trotzdem reicht die Energie des Medicane aus, um Landstriche und Städte zu verwüsten, und Flutwellen zu erzeugen. Dies nur kurz und sehr laienhaft erklärt – wer mehr darüber wissen möchte, unterziehe den Begriff „Medicane“ einer schnellen Googlesuche.
Auch wir sind in den zweifelhaften Genuss gekommen, einen richtigen Medicane zu erleben; „Gloria“: Laut Meteorologen sogar der stärkste Wirbelsturm, der je auf Barcelona und seine Küsten getroffen ist. Insgesamt fordert Gloria 14 Menschenleben, vier weitere Menschen gelten nach wie vor als vermisst. Die Schäden an Gebäuden, sowie ganzen Landstrichen sind enorm: Entlang der Costa Brava werden ganze Sandstrände weggespült, in manchen Küstenstädten steht der durch Flutwellen ins Landesinnere gedrückte Algenschaum mehrere Meter hoch in den Straßen. Im Delta der Flüsse Ebro und Llobregat werden zahlreiche Felder überschwemmt, die Ernte nachhaltig zerstört, die Fruchtbarkeit der Böden durch das Salzwasser und den salzigen Schlamm auf Jahre beeinträchtigt. In Barcelona selbst kommt es zu zahlreichen Schäden an Hausfassaden und Dächern, in Parks und entlang der Straßen werden etliche Palmen und Bäume entwurzelt. Viele Straßen und Garagen werden überschwemmt, auch in manchen Ubahn-Schächten steigt das Wasser.
Wir selbst merken bis zum 20./21. Januar wenig vom Medicane. Während Wetterdienste schon warnen, und die Wetterberichte düster sind, kann sich in der Stadt keiner so richtig vorstellen, was für Weltuntergangstage uns da kurz bevor stehen. Der Himmel ist winterlich grau-blau, die Temperaturen der Jahreszeit angemessen. Ja, es ist schon etwas stürmischer als sonst, aber mehr ist noch nicht zu merken. In der Nacht vom 20. auf den 21. Januar bricht der Sturm aber mit großer Wucht über die Stadt und ihre Küste herein. Wassermassen kommen vom Himmel, und werden vom Sturm gegen die einfachverglasten Scheiben unserer Fenster gepeitscht, sodass wir schon Sorge haben, dass sie dem Druck nicht standhalten würden. Ganze Plakatwände, Pflanzentöpfe, Mülleimer werden durch die Luft gewirbelt, dazwischen zucken unzählige Blitze, während der Wind gefühlt von allen Seiten gleichzeitig kommt. Schlimm ist auch der Lärm – einerseits die Donner, die laut wie Explosionen zwischen den großstädtischen Häuserschluchten krachen, andererseits auch das Heulen des Windes, das beängstigend und unheimlich ist. Die Nacht ist stockfinster – immer wieder geht der Strom aus. Am nächsten Morgen stürmt und schüttet es noch immer, das Schlimmste scheint aber überstanden. Die Schulen in Barcelona bleiben geöffnet, die öffentlichen Verkehrsmittel in Betrieb. Um halb neun, also nur kurze Zeit nach Unterrichtsbeginn an der Deutschen Schule, erreicht mich dann aber eine Whatsapp Nachricht einer befreundeten Mutter: Vor der Schule ist kurz nach 8h ein riesiger Baum umgestürzt und quer über den Gehsteig und die Straße gefallen, genau dort, wo nur wenige Minuten zuvor viele hundert Schüler auf dem Schulweg unterwegs waren. Wie wuchtig der Aufprall gewesen sein muss, sieht man an dem Auto der Mutter eines Mitschülers von Klara, die das Fahrzeug ein wenig neben der Stelle geparkt hatte, wo der Baum zu liegen kam – die ausladenden Zweige haben ihre Frontscheibe komplett zertrümmert. Im Laufe des Vormittags fallen noch drei weitere Bäume in der Straße rund um die Schule.
Wo wenige Minuten zuvor noch hunderte Schüler zum Unterricht unterwegs waren, liegen riesige Bäume quer über Gehweg und Fahrbahn. Auf dem zweiten Bild ist rechts hinten sogar noch ein Schulbus zu erkennen.
Ich bin am Vormittag des 21.Januar im strömenden Regen unterwegs zum Spanischkurs… im Ubahn-Schacht in einer der tiefsten Linien der Stadt tropft das Wasser von der Decke. Ich versuche, meine Fantasie von plötzlich gefluteten Tunnelsystemen und unterirdischen Druckwellen im Zaum zu halten, was mir nur mäßig gelingen mag. Ich bin froh, als ich wieder überirdisch unterwegs bin. Während der Spanischstunde ist es schwer, konzentriert zu bleiben; gegen die hohen französischen Fenster des Klassenzimmers im dritten Stock knallt ständig ein Baum, der vom Wind wie ein kleines Asterl hin- und hergeworfen wird. „Bald bricht noch die Scheibe“, meint Miriam, meine Lehrerin besorgt, und wir beenden die Stunde etwas früher als sonst. Am Heimweg erwartet mich die nächste Aufregung: Die Avinguda de Sant Ramon, die Straße, durch die ich am Weg zur Ubahn gehen muss, ist gesperrt, Feuerwehr und Polizei sind im Einsatz. Genau an der Stelle, wo ich am Hinweg zum Kurs noch meine Nachbarin begrüßt hatte, die mit Einkaufstaschen unterwegs war, ist ein Teil der Hausfassade – aufgeweicht durch den Dauerregen und destabilisiert durch den böigen Sturm – herabgebrochen. Die Mauerteile liegen in einem großen Trümmerhaufen über den ganzen Gehsteig verteilt. Ich mache ein paar Fotos und biege aufgeregt um die Ecke. Der nächste Schreck. Eine der größten Palmen vor unserem Haus ist umgestürzt und liegt nun quer über dem Fußweg. Die Wucht des Aufpralls war so stark, dass eine der schweren Betonstufen komplett zerbröselt ist.
Den ganzen Tag über schüttet es weiter, pausenlos. Die Gullys sind überflutet, ein galliger Gestank liegt über der Stadt. Am nächsten Tag ist der Sturm abgeflaut und die Menschen wagen sich wieder aus ihren Häusern, um die Schäden zu begutachten. Unten vor dem Haus treffe ich die aufgeregten Conserjes. Speziell Pedro ist außer sich und den Tränen nahe. In unserem Garten ist der größte Baum umgefallen wie ein Streichholz, nun liegt er zur Hälfte im Kinderpool. Der Krater, den sein Wurzelballen hinterlassen hat, ist enorm. Ein weiterer sehr großer Baum steht zwar noch, allerdings so schief, dass er vermutlich auch umgeschnitten werden muss. In den 30 Jahren seiner Conserje-Tätigkeit hier in den Häusern habe er sowas noch nie erlebt, flüstert Pedro sichtlich ergriffen.
Am 25. Januar hat der Medicane seine Kraft verloren, die Wolken haben sich aufgelöst, der Sturm hat sich gelegt. Die Sonne lacht von einem tiefblauen Himmel, die Vögel zwitschern wieder und die Menschen beginnen, die Schuttberge und Verunreinigungen aufzuräumen.
Hinter uns liegen aufregende, emotional aufreibende Tage, in denen glücklicherweise und doch in einigen Situationen nur um ein Haar niemand von uns zu Schaden gekommen ist. Ironie des Schicksals ist ja auch, dass ausgerechnet zu diesen Tagen mein Papa bei uns zu Besuch war. Auf das Erlebnis eines mediterranen Hurricanes hätte er sicher auch verzichten können; Rosemarie wiederum verbringt die schlimmsten Sturmtage sehr hoch fiebernd mit Influenza und starkem Husten im Bett – die Höchstphase ihrer Krankheit mit fast 41° Temperatur erlebt sie ausgerechnet in dieser schlimmsten Sturmnacht. Ich werde nie vergessen, wie sich für mich die Angst um das kranke Kind und die Angst vor dem furchtbaren Unwetter zu einem Gefühl von Hilflosigkeit und Machtlosigkeit vermischt haben. Ja, wir haben in diesem Jahr wirklich sehr, sehr viel erlebt.----------------------------------------------------------------------------------------------------------
Mini Estadi
Das Mini Estadi, also „Mini Stadion“ lag bis Ende 2019 etwa auf halbem Weg zwischen unserer Wohnung und dem großen Camp Nou. Es war die Heimstätte der B-Mannschaft des FC Barcelona, sowie der Jugend- und der Frauenfußballmannschaft. Außerdem diente es als Austragungsstätte der Länderspiele der Nationalmannschaft von Andorra (ja, die gibt es!). Mini Estadi klingt ziemlich klein und fast ein bisserl herzig, oder? Wer sich unter diesem Namen einen netten kleinen Sportplatz mit ein paar Bänken, eventuell sogar einer kleinen Tribüne und Buffet, vorstellt, liegt falsch. Klein war das Mini Estadi nur im Vergleich zum großen Bruder in Sichtweite! Das Mini Stadion fasste immerhin auch mehr als 15.000 Zuschauer und damit mehr als die meisten Stadien der österreichischen Bundesliga. Was österreichischen Vereinen auch abseits von Corona selten gelingt, nämlich ihre eh schon kleinen Stadien wirklich zu füllen, war für die Betreiber des Mini Estadi nie ein Problem: Sogar bei den regelmäßig stattfindenden öffentlichen Trainings der FC Barça Kampfmannschaft waren die Tribünen rappelvoll.
Ein Bild des Mini Estadi (hinter dem Camp Nou) aus dem katalanischen Minimundus "Catalunya en Miniatura". Hier lässt sich gut erkennen, dass das kleine Stadion praktisch als "kleiner Zwilling" des großen Camp Nou konzipiert wurde.
Aufgrund von seiner veralteten Bauweise und verschiedener strategischer Änderungen im FC Barcelona Management wurde schließlich der Abriss des Mini Estadi beschlossen – die Trainings und Spiele sollten ins neu eröffnete und top moderne Estadi Johan Cruyff in San Feliú, etwa 20 Autominuten vom Camp Nou entfernt, übersiedeln. Für Pauli jedenfalls kein Grund für Kummer, konnte er doch schließlich vom Balkon der Dachgeschosswohnung seines liebsten Freunds Joshua direkt auf den Platz des neuen Stadions schauen… mit Feldstechern bewaffnet, verbrachten die Burschen so manchen Nachmittag und Abend beim Beobachten der Trainings und Spiele.
Ende Oktober 2019 war es schließlich so weit: Der Abriss begann. Ich hatte mich im Vorfeld ja schon vor dem Lärm und Staub gefürchtet, wurde dann aber angenehm überrascht. Weder war von den Bauarbeiten sonderlich viel zu hören, noch lag mehr Staub als sonst in der Luft (naja, ein zweischneidiges Schwert – in Barcelona liegt so viel Staub in der Luft, dass der extra-Baustellen-Staub wahrscheinlich einfach nicht mehr aufgefallen ist). Bagger mit Greifarmen zwickten regelrecht ganze Mauerteile aus den bestehenden Bauteilen heraus, ein Spektakel, das sich nicht nur die Kinder gerne anschauten. Das Verblüffendste aber war, wie schnell dieses große Mini Estadi dann schließlich dem Erdboden gleichgemacht war. In Rekordzeit von nur wenigen Tagen waren Tribünen, Begrenzungen, Nebengebäude etc. komplett verschwunden. Übrig blieb lediglich ein großer Platz mit säuberlich getrennten Haufen von Bauschutt. Nachhaltigkeitsziel des FC Barcelona rund um den Abriss des Mini Estadi ist nämlich, für Neubauprojekte bis zu 80% des Materials wiederzuverwenden. Fotos vom Abriss findet ihr hier.
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Maskenpflicht
Worüber in Österreich so gejammert und gezetert wird, kennen wir aus Spanien schon lang und gut. Die liebe anti-Corona-Maßnahme Maskenpflicht. In Spanien hat sich diese Schritt für Schritt in den Alltag eingeschlichen. Zunächst, also Anfang April, wurde die Maskenpflicht nur für Innenräume von Geschäften, Arztpraxen, öffentlichen Gebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln eingeführt, später (ab Mitte Mai) dann auch für Erwachsene im Freien, wenn der Mindestabstand von 1,5m nicht eingehalten werden konnte (z.B. also auf schmalen Gehsteigen). Wenige Wochen darauf kam dann schließlich die Maskenpflicht im gesamten öffentlichen Raum, ganz unabhängig von möglichem Mindestabstand, und das für alle über 6 Jahre. Lästig und schwitzig, speziell bei Temperaturen um die 30 Grad und der für Barcelona üblichen hohen Luftfeuchtigkeit? Ja, definitiv… trotzdem tragen die Spanier ihre Masken brav und ohne Murren. Wer ohne Maske ein Geschäft betritt, wird freundlich gebeten, dieses wieder zu verlassen – macht das auch sogleich ohne Protest, und entschuldigt sich dann meistens sogar noch für sein Versehen. Die Menschen in Spanien sind von den schrecklichen Monaten März und April noch so geprägt, dass sie die vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen annehmen und umsetzen. Wenn man doch jemanden ohne Maske im Alltag sieht, sind das meistens Touristen.
Rund um den Mercat Collblanc in Hospitalet tragen alle brav ihre Maske, sogar bei den schwülen barcelonesischen Sommertemperaturen. Viele haben sich sogar mit Latexhandschuhen ausgestattet, ganz besonders vorsichtige tragen sogar eine Duschhaube.
Als Anfang September auch die Deutsche Schule Barcelona wieder ihre Pforten für die Schüler öffnete, wurde ein strenger Hygieneleitfaden verschickt. Die Schüler dürfen die Maske den ganzen Tag, auch während des Unterrichts im Klassenzimmer, nicht ablegen. Bei den langen Schultagen in Spanien ist das für die Kinder schon eine Zumutung, das braucht man gar nicht zu beschönigen. Man kann dabei nur hoffen, dass Spanien, das von der Pandemie besonders hart getroffen wurde, mit diesen Maßnahmen endlich auf einen besseren Weg kommt.
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Mämchens Freund
Wie schon unter „F wie Freunde“ beschrieben, haben wir in unserem Barcelona-Jahr natürlich auch viele liebe Freundschaften geschlossen. Es gibt aber einen ganz speziellen Freund, dem ich gerne einen eigenen Beitrag widmen möchte. Es handelt sich dabei um einen so besonderen Freund, dass er in der Familie immer nur als „Mämchens Freund“ bezeichnet wurde. Diese Freundschaft habe ich bereits wenige Stunden nach unserer Ankunft in Barcelona geschlossen, wobei mir ziemlich schnell klar war, dass es sich bei dieser Begegnung mit meinem neuen Freund um eine ganz außergewöhnliche handelte – und das war so: Nachdem wir von Maklerin Jazmin und Eigentümer Bernardino die Wohnungsschlüssel erhalten haben, wollen wir den Garten und den Pool der Hausanlage auch gleich einmal erkunden und in Besitz nehmen. Wir packen also eine Badetasche und marschieren die beiden Stockwerke in den Garten hinunter, wo schon einige Hausbewohner versammelt sind. Es ist Anfang August, die Sonne lacht vom Himmel, einige Kinder planschen im Pool. Unsere drei springen auch gleich hinein, als Rudolf bemerkt, dass er oben in der Wohnung etwas vergessen hat. „Bin gleich wieder da!“, ruft er, und entschwindet im Stiegenhaus. Ich möchte eigentlich auch gerade ins Wasser gehen, als mich ein junger, etwas korpulenter Mann in knapper Badehose freundlich lächelnd anspricht: „Hola! Seid ihr neu hier?“. „Hola! Ja, wir sind heute erst eingezogen“, antworte ich erfreut und denke mir, „na die sind aber freundlich hier! Man kommt als neuer Nachbar und findet gleich Anschluss. Ganz etwas anderes als bei den oft so mürrischen Österreichern!“. Wie besonders freundlich, sollte ich gleich erfahren, denn diesem Moment entlädt sich bei meiner neuen Bekanntschaft, „A.“, ein wahrer Redetsunami. Er redet, redet und redet ohne einmal Luft zu holen.
Er erklärt mir ausschweifend, dass die Häuser in den 70er Jahren gebaut wurden, dass die „Jardins d’Ernest Lluch“ hinter dem Haus deshalb so heißen, weil der sozialistische Politiker und Ökonom Ernest Lluch (sprich: Örnäs Juk) um die Ecke gewohnt hatte und in der Garage seines Hauses erschossen wurde. Dazu formt er die rechte Hand zu einer Pistole, hält sie sich an den Kopf und schreit „Bäm! Bäm! Bäm!“. Später in derselben Nacht sei dann auch noch eine Autobombe explodiert, ein weißer Kleinwagen. „Buuummmmmmmmm!“ ruft A. erregt aus. „Das ist ja schrecklich!“ stammle ich und möchte eigentlich viel lieber mit den Kindern schwimmen, komme aber nicht aus. „Die ETA war das! Die ETA! Kennst du die ETA?“ schreit Alex weiter. „Furchtbar! Ja, ich kenne die ETA“ merke ich an, aber das ist A. eigentlich eh schon egal. Er hat genug von Ernest Lluch erzählt und wechselt flugs das Thema. Stolz zeigt er mir eine Handyhülle im Gameboy Design, allerdings ohne Handy. „Das ist mein neuer Gameboy!“ sagt er stolz lachend. „Kennst du Gameboy? Angelika, kennst du eigentlich Gameboy?“ „Ja, klar, kenne ich Gameboy!“ antworte ich. „Was heißt na klar? Diesen Gameboy kennst du sicher nicht, der ist nämlich wasserfest! Mit dem kann man auch unter Wasser spielen! Kennst du so etwas?“ „Nein, so etwas Tolles kenne ich nicht!“ entgegne ich, und A. freut sich.
Mittlerweile ist mir klar geworden, dass A. zwar äußerlich ein etwa 35-jähriger Mann, innerlich aber wohl eher auf dem Level eines Kindes ist. Später werde ich erfahren, dass er noch bei seinen Eltern lebt und gegenüber in einer Autowerkstatt als Mechaniker aus einem Integrationsprogramm arbeitet.
Unterdessen quatscht A. fröhlich weiter. Er erklärt mir gerade mit großer Ernsthaftigkeit die Poolregeln, als endlich Rudolf auftaucht, von dem ich mir erhoffe, dass er mich aus dieser Situation befreien würde. „Ah, da kommt mein Mann!“ sage ich zu A., während Rudolf einfach nur herwinkt und schnell im Wasser verschwindet. „Hombre! Wie gehts!“ schreit A. und Rudolf tut so, als würde er kein Spanisch verstehen. „Dein Mann spricht gar kein Spanisch!“ merkt A. tadelnd an und erzählt mir, dass er sich letztes Jahr bei einem Sturz im Urlaub die Schulter ausgekegelt hat. Theatralisch greift er sich an die Schulter, verrenkt den Oberarm und ächzt und stöhnt dazu. Im selben Urlaub habe er sich dann auch noch einen furchtbaren Sonnenbrand zugezogen. Furchtbar war der, einfach furchtbar. Ich weiß schon gar nicht mehr, was ich dazu sagen soll und bemerke aus den Augenwinkeln den fröhlich planschenden Rudolf, der seine Schadenfreude und sein Vergnügen kaum verhehlen kann. An dem Tag bin ich jedenfalls noch viel zu höflich, als das Gespräch einfach abzubrechen… bei den vielen, vielen, vielen, vielen und vielen weiteren langen Gesprächen, die A. und ich im Laufe dieses Jahres noch führen werden, weiß ich dann schon, dass es ganz ok ist und von ihm auch nicht als Beleidigung aufgefasst wird, wenn man ihm freundlich sagt: „A., ich würde gern mit dir plaudern/gern mehr über deinen neuen Roller/deine neue Frisur/das Erlebnis deiner Mutter beim Bäcker… usw. erfahren, aber ich hab jetzt keine Zeit!“
An diesem ersten Tag entkomme ich ihm dann dadurch, dass er mir die Funktionsweise des wasserfesten Gameboys demonstrieren will und mitsamt der Handyhülle in den Pool springt.
A. ist jedenfalls ein in der ganzen Nachbarschaft bekannter, wohlgelittener, liebenswerter, schrulliger Kerl – der gern mit den Leuten plaudert und auch wirklich immer über alles in der Nachbarschaft Bescheid weiß. Er beobachtet genau was vor sich geht und hat immer was zu erzählen, dabei aber nicht immer nur „seine Geschichten“, sondern durchaus auch viel Klatsch und Tratsch aus dem Haus.
„Hola Angelika!“ schreit er mir zu, wenn ich vom Einkaufen oder mit den Kindern aus der Schule komme. „Hast du schon meinen neuen Roller gesehen? Brumm brumm! Das ist ein Elektroroller, der hat sogar ein Licht vorne und hinten! Elektrisches Licht! Kennst du so einen Roller?“
„Angelika, heute ist mir etwas passiert! Ich bin mit dem Fahrrad gestürzt! Bumm Tschack! So krach krach! Dabei habe ich mich am Bein aufgekratzt! Schau her! So habe ich mich aufgekratzt! Ich bin gefahren, und dann auf einmal bäm! Bäm! Bäm!“
„Angelika, fahrt ihr zum Strand? Am Strand ist es schön! Aber man muss aufpassen! Einmal hat mich eine Qualle erwischt… au weh, au weh, so zischschsch und dann war ich ganz rot. Meine Mutter hat eine Salbe draufgegeben. Kennst du Quallen, Angelika? Man muss gut aufpassen! Pass auf die Kinder auf, die Quallen sind so zischschsch zischschsch… man sieht sie gar nicht und dann tschakkabumm!“
Wenn wir A. aus der Ferne sehen, rufen die Kinder schon: „Mämchen, schau, da ist dein Freund!“ und er gesellt sich gern zu uns dazu, um etwas Redeschwall bei uns loszuwerden.
Wenige Tage vor unserem Umzug treffe ich ihn im Garten am Pool und erzähle ihm, dass wir Barcelona verlassen werden. Für einen Moment, und zum ersten Mal seit unserem Kennenlernen, ist er sprachlos. „Ostras! (Donnerwetter!)“ ruft er und reckt die geballte Faust mit üblicher Dramatik zum Himmel. Dann zerdrückt er eine Träne. „Que pena, que pena!“ (was für ein Kummer!) jammert er. „Aber wir bleiben für immer gute Freunde, nicht wahr?“ sieht er uns erwartungsvoll an. „Natürlich, A., wir werden immer super Freunde sein!“ versprechen wir ihm von Herzen.
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Musical, Konzert und Kino
Barcelona verfügt natürlich auch über ein tolles Kulturangebot, das wir gerne nutzen, wobei manche Dinge, die wir gern gemacht hätten, Corona-bedingt auf der Strecke bleiben müssen… wie zum Beispiel ein Besuch in der Oper Liceu. Zum Glück sind wir aber bis zum Shutdown recht aktiv: mehrere Kinobesuche, Musicalbesuche und sogar ein Konzert im wunderschönen Palau de la Música Catalana gehen sich für uns aus.
Ins Kino gehen wir am liebsten in die Arenas de Barcelona an der Plaza España. Die sind zwar atmosphärisch kaum von einem österreichischen Cineplex zu unterscheiden, liegen aber sehr praktisch nur 20 Minuten von Haustür zu Haustür mit der Buslinie D20 entfernt. Natürlich gibt es in Barcelona auch noch die typischen alten Traditions-Kinos, wie beispielsweise die Cinemes Verdi in Gràcia; Nachdem ich aber erfahre, dass es dort in den Kinosälen ein nicht unbeträchtliches Bettwanzenproblem gibt, reizt mich der Besuch nicht mehr so sehr. Da lieber schädlingsfrei in der Multiplex-Kinokette. Fremdsprachige Kinos gibt es in Barcelona wenige, die Filme werden in der Regel in spanischer oder katalanischer Sprache gezeigt. Das stört uns aber wenig – die Kinderfilme, die wir gemeinsam sehen, sind auch ohne 100% Sprachkenntnisse durchaus zu verstehen. Allen voran „La oveja Shaun“ (Shaun das Schaf), in dem ja sowieso nur in einer Fantasiesprache „geredet“ wird. Der lustigste Film, den wir sehen, ist der spanische Trickfilm „La Gallina Turuleca“ über ein sprechendes Huhn und seine Abenteuer, über den nicht nur die Kinder, sondern auch die Erwachsenen stellenweise herzlich lachen können. Highlight vor jedem Kinobesuch ist (wie auch in Österreich) das Kinobuffet. Ganz besonders ist die Popcorn Auswahl: Salzig oder süß im regenbogenfarbenen Einhornlook. Wer sich nicht entscheiden kann, kann sich auch eine Mischtüte zusammenstellen lassen. Nach anfänglicher Skepsis stelle ich fest, dass diese salzig/picksüß Mischung gar nicht so grauslich ist, wie man sich das vielleicht vorgestellt hätte. Pech hat Paul, der unmittelbar nach dem Kauf seine Popcorntüte fallen lässt und damit am Boden vor dem Buffet einen richtigen Popcornteppich erzeugt. Zerknirscht und fast den Tränen nahe steht er da, als ihm kurzerhand die Bedienung die leere Tüte aus der Hand nimmt, bis zum Rand neu befüllt und mit einem Lächeln und den Worten „no pasa nada!“ („ist ja nix passiert!“) wieder überreicht.
Den Abschluss eines Arenas-Kinonachmittags bildet immer noch ein Tänzchen auf der multimedialen Tanzfläche im Erdgeschoss. Bei Berührung verändert der Boden sein Bild.
Ein tolles Buffet gibt es auch im Teatre Tívoli im Zentrum von Barcelona, wo wir die Musicals „Flashdance“, „A Chorus Line“ und „Westside Story“ besuchen. Für uns Österreicher ganz untypisch, darf man Speisen und Getränke ganz problemlos wie im Kino mit in die Vorführung nehmen und verzehren. Als ich bei unserem ersten Besuch (Flashdance, September 2019) am Buffet frage, ob man die riesigen Popcorntüten mit in den Saal nehmen darf, oder deren Inhalt noch heraußen verzehren muss – was klarerweise ein „Dealbreaker“ gewesen wäre – sieht mich die Verkäuferin mehr als erstaunt an und sagt: „na klar darf man das mit hineinnehmen, was denn sonst?“. Klara findet das „ziemlich cool!“. Während der Pause gönnen sich die Spanier warme und kalte Tapas, sowie Cava. Das Theater selbst ist relativ klein und überschaubar, aber ganz gemütlich mit typisch plüschigen Sitzen und kleinen Nischen. Ich ergattere sehr günstige Karten in der ersten Reihe am 2. Rang, von wo aus wir einen perfekten Blick auf die Bühne haben. Im Vergleich zu Wiener Musicalbühnen sind die Preise insgesamt sehr günstig – selbst die teuersten Plätze kommen bei weitem nicht an Wiener Preisniveaus heran. Die Aufführungen selbst sind gelungen und mitreißend. Über Flashdance sagt Paul bei der Heimfahrt in der Ubahn: „Das war das Tollste, was ich in meinem ganzen Leben je gesehen habe!“. Tagelang singen die Kinder die Lieder aus den Stücken und denken sich eigene Choreographien dazu aus. Noch stärker packt sie dann schließlich das „Chorus Line“ Fieber. Die Clips mit der Leitmelodie „One!“ schauen sie sich über Wochen fast in Endlosschleife auf Youtube an und können bald das ganze Lied, sowie die Tanzschritte dazu auswendig. Als sie den Song schließlich live auf der Bühne aufgeführt sehen, kennt die Begeisterung keine Grenzen mehr.
„Westside Story“ wäre ja eigentlich mein Weihnachtsgeschenk für Rudolf gewesen – Babysitter inklusive. Leider ist Rosemarie genau zu den Tagen krank, und wir wollen sie nicht allein lassen. So kommt schließlich Klara in den Genuss, mit dem Papa spätabends noch ins Musical zu gehen. Die tollen Melodien und mitreißende Handlung halten sie jedenfalls wach, wenngleich das Aufstehen für die Schule am nächsten Morgen sehr schwer fällt.
Ende Januar besuchen wir zusammen mit dem Opa ein Kinderkonzert im Palau de la Música Catalana, der zwischen zwischen 1905 und 1908 vom modernistischen Architekten Lluís Domènech i Montaner im katalanischen Jugendstil erbaut wurde. Das Gebäude, das zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt wurde, ist um eine zentrale Metallstruktur herum entworfen, die mit Glas bedeckt ist und so das natürliche Licht nutzt, um das Innere des Konzertsaals zum Strahlen zu bringen. Das Stück, das wir hören, heißt „Cobla 2.0“ und ist ein moderner Blick auf das traditionsreiche katalanische Cobla-Orchester, das zu den Sarbana Tanzgruppen aufspielt. Liebevoll und kurzweilig erklären die Protagonisten die Instrumente, spielen, tanzen und singen. Besonders Rosemarie ist hingerissen und lauscht konzentriert.
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