Sunnyfunny Summer Buskers
Nach dem trüben, verregneten Wochenende wird es wieder richtig schön und sogar sehr heiß. In Neuseeland schlägt das Wetter oft sehr plötzlich um -- so ist es keine Seltenheit, an einem Tag 30° und am Tag darauf nur mehr 15° zu haben. Diesmal ist es umgekehrt: Hochsommergefühl! Immerhin ist hier ja gerade "Juli". Wie wir es uns vorgenommen hatten, machen wir doch noch einen Ausflug zum "World Buskers' Festival", das ja am Sonntag einen guten, aber eher feuchten Eindruck hinterlassen hatte.
Sobald Rudolf vom Büro zuhause ist, brechen wir zum Veranstaltungsgelände im Hagley Park auf, in unmittelbarer Nähe zum Botanischen Garten, Christ's College und dem Christchurch Hospital. Den Eingang ziert ein riesiges Verkehrshütchen (das inoffizielle Wahrzeichen von ChCh), von weitem erklingt schon Musik und im Gegensatz zum Sonntag ist die Wiese gut gefüllt mit Festgästen. Auf der Hauptbühne ist gerade der australische Künstler AD DJ zugange. Er führt eine kurzweilige Show aus Akrobatik, Clownerie und teilweise recht derben Witzen auf; Insgesamt ist er wirklich unterhaltsam. Er hat einige Jahre mit dem Cirque du Soleil verbracht und entsprechend perfekt sind auch seine Kunststücke. Auf einem kleinen Podest baut er beispielsweise zwei schmale Türme aus jeweils 5 Ziegelsteinen, die er an der schmalen Seite übereinanderstapelt, was dann ungefähr einen Meter hoch wird. Vorsichtig klettert er auf das Podest, macht einen Handstand auf den Türmen, die er -- unter Aufschrei des Publikums -- plötzlich seitlich wegstößt. Während die Ziegelsteine in alle Richtungen fliegen, fängt er sich mit beiden Händen auf dem Podest (allerdings in perfektem Handstand), bevor sein Kopf auf die Platte aufschlagen hätte können. Das Publikum nimmt das alles recht wohlwollend und durchaus freundlich zur Kenntnis, ist aber kaum zu einer Gefühlsäußung zu bewegen. Kaum Beifall, keine Jubelrufe, alle sitzen gemütlich in der Wiese und lassen sich gut unterhalten. Das passt dem armen Künstler natürlich gar nicht und er beginnt immer vehementer, den Applaus einzufordern. Schließlich verkündet er, dass er die Show nur dann weiterspielt, wenn endlich einmal jemand ordentlich klatscht. Daraufhin schallen ihm eher halbherziges "klap klap" und sehr vereinzelte Juchzer entgegen (letztere bestimmt von amerikanischen Touristen; Betrunkene können es nicht gewesen sein, es herrscht "Liquor Ban", was sonst!). Wir können das Benehmen der Zuseher nicht verstehen. Er macht eine wirklich gute Show, das Publikum ist offenkundig davon angetan, aber nicht bereit, Applaus zu spenden. Als die Vorführung vorbei ist, und AD DJ seinen Hut zur Klingelrunde schnappt, stürmen die meisten Zuseher zum Bühnenrand und werfen teilweise richtig hohe Beträge in den Hut ein. Mein Eindruck hat mich also nicht getrogen -- es muss ihnen doch gefallen haben! Ein paar Tage später erzähle ich Rachel davon, und wie sehr ich mich darüber wundern musste. Sie ist ganz und gar nicht überrascht, und meint das sei typisch für Neuseeländer. Man trage hier sein Herz einfach nicht auf der Zunge, öffentliche Gefühlsäußerungen seien eher ungewöhnlich bis gar verpönt. Herzlich ist man hier schon, allerdings sicher nicht überschwänglich. Bei näherer Überlegung kann ich das dann eigentlich auch aus meinen Beobachtungen bestätigen. Die Menschen sind freundlich und herzlich, wenn man dann aber, dadurch ermutigt, sprichwörtlich einen weiteren Schritt auf sie zu macht, verschließen sie sich eher wieder.
AD DJs Show war die letzte des Tages und wir wandern weiter zum Spielbereich für die Kinder, den wir am Sonntag ja gar nicht nutzen konnten, weil alles nass war. Es gibt hier einiges Angebot: Hüpfburg, Kletterbereich, kleine Boote und -- besonders wild -- aufblasbare "Water Rollers". Klara und Pauli dürfen sich zwei Aktivitäten aussuchen und entscheiden sich schließlich für die Boote und die Water Rollers. Eigentlich entscheidet Klara für beide (und Pauli macht mit). Beim Bootfahren war schon länger kein Kind gewesen und der Betreiber ist so froh, dass endlich wieder Kundschaft da ist, dass er die zwei besonders lang fahren läßt. Er steigt dann sogar ins Becken hinein, erzeugt "wilde" Wellen und schiebt die Boote wie im Autodrom "wild" gegeneinander, sodass sie "wild" schaukeln. Das ist natürlich ein Riesenspaß.
Danach geht es weiter zu den "Water Rollers". Das sind große Rollen, die an aufblasbare Lockenwickler erinnern, und ebenfalls in einem kleinen Pool von Wasser dümpeln. Ins Innere der Rollen kann man allein oder zu zweit hineinsteigen und dann versuchen, die Rolle durch Körpereinsatz vorwärtszubewegen. Ein anderes Mädchen ist auch im Water Roller unterwegs -- sie scheint es nicht zum ersten Mal zu machen und saust wie ein Hamsterchen im Rad mit gutem Tempo durchs Bassin. Klara und Pauli purzeln kreischend in ihrer Rolle hin und her, die Koordination ist nicht leicht! Klara hat es schließlich heraußen, schafft es aber nicht, mit Pauli synchron zu werden, sodass sie eigentlich hauptsächlich irgendwie durch das Becken wackeln und hie und da vom Hamsterchampiongirl angeschoben werden. Lustig ist es auf jeden Fall!
Wieder dauert die Fahrt sehr lange und ich lasse mich in der sonnigen Wiese vor den Water Rollers nieder, wo ich mit einer Engländerin ins Gespräch komme, die auch ein Baby im Gepäck hat. Ihre beiden Großen sind in der Hüpfburg verschollen und wir nutzen die Zeit, uns über dritte Kinder, Neuseeland und diverses anderes auszutauschen. Sie und ihr Mann sind vor zwei Jahren aus UK ausgewandert und haben eben in Christchurch ein Haus gekauft. Interessanterweise trifft man hier mehr Europäer als Auswanderer, als Europäer als Touristen.
Ein lustiges Detail habe ich neben der Hüpfburg entdeckt. Wer bislang dachte, dass es sich um eine harmlose Hopserei für Kinder handelt, sei nun eines besseren belehrt:
Wir sind hungrig geworden und spazieren weiter zu den verschiedenen netten kleinen Buden, wo man Speisen und Getränke kaufen kann. Am Weg dorthin stolpern wir über diesen Gorilla, der den dahinterliegenden Eis-Stand bewirbt. Klara will unbedingt auf ein Foto mit ihm -- aber unbedingt alleine, was Pauli wiederum gar nicht passt. Die Entwicklung der Diskussion kann man anhand dieser Foto-Nicht-Love-Story verfolgen. Bild 1: Klara verkündet, dass Pauli nicht mit aufs Foto darf. Bild 2: Pauli tut so als hätte er es nicht gehört und klammert sich an den Gorillaarm. Unser aller Bitten sind umsonst, er weicht nicht von der Stelle. Bild 3: Klara räumt das Feld und verkündet, dass Pauli also sein Foto mit dem Gorilla haben soll, dafür aber dann verschwinden muss. Pauli klammert immer noch am Arm, irgendwie hat er sich das alles aber anders vorgestellt gehabt. Bild 4: eine zufriedene Klara hat nun endlich ihr Exklusiv-Foto mit dem Gorilla (wobei ich heimlich Pauli seitlich ein wenig abschneiden musste, er ist immer wieder ins Bild gehüpft, der Kerl!).
Klara ist von den artistischen Darbietungen und der ganzen fröhlichen Stimmung am Festival so inspiriert, dass sie kurzerhand auf die Bühne springt und einen wilden Tanz vollführt.
Auch am Weg zum Auto ist die Tanzlaune ungebrochen. Die Kinder singen, kreischen und hüpfen fröhlich auf einem riesigen Baumstumpf gegenüber vom Eingang des Parks herum. Pauli hat sich eine Stoffwindel von Rosemarie umgehängt und verkündet jubelnd: "Jetzt bin ich Superman!".
Der nächste Tag ist wieder so ein herrlich heißer Sommertag, und wir haben lieben Besuch von Abby. Sie tobt mit Klara und Pauli im Garten, und wieder klappt die Unterhaltung zwischen den dreien überraschend gut. Die Kinder sind jedenfalls begeistert von ihrer großen Spielkameradin, die ganz geduldig und ruhig jeden Unfug der beiden mitmacht und allerhand Streiche über sich ergehen läßt. Zu Mittag richte ich (auf ausdrücklichen Wunsch von K&P) Pizzaböden zum Selbst-Belegen her, was uns allen Spaß macht und natürlich wesentlich besser schmeckt, als jede andere mögliche Pizza. Rosemarie beobachtet die Szenerie vergnügt vom Bouncy Seat aus.
Später hat auch Rosemarie eine Freundin zu Besuch! Das freundliche und gesprächige Baby nämlich, das auf einmal im Spiegel unter ihrem Spielbogen auftaucht. Die beiden haben sofort einen Draht zueinander: die Freundin macht alles genau wie Rosemarie, was natürlich ungemein verbindet. Die beiden haben einander so viel zu erzählen! Rosemarie ist hingerissen.
Als Abby schließlich von Rachel abgeholt wird, haben wir noch Zeit für Play Doh-Küche auf der Terrasse, während Klara ein paar Hausübungen erledigt. Pauli verliert allerdings rasch die Lust am Kochen, sucht zwei Stöcke, pardon "Schwerter" und will kämpfen. Er ist halt einmal ein richtiger kleiner Mann.
Am Abend ist es immer noch sehr heiß. Die Sonne geht mit wunderschönen Lichtspielen unter und wir freuen uns auf das Thermenwochenende in Hanmer Springs, das vor uns liegt und über das ich auch noch berichten werde, versprochen!