Santa Claus is coming to town!

Am Nachmittag des 24.12. begeben wir uns an den Strand. Es ist schön warm, aber nicht zu heiß, ein paar wenige Wolken ziehen über den sonst strahlend blauen Himmel. Richtiges Weihnachtswetter also! Zumindest aus Sicht der Neuseeländer, die sich recht zahlreich zur Feier des Christmas Eve am Strand einfinden. Da wird gegrillt, getanzt und vor allem Cricket gespielt. So manche Wagemutigen stürzen sich sogar in die kalten Wellen des Pazifik (das Wasser hat hier etwa 18°). In den Strandcafés und im Eissalon sitzen fröhliche Familien, Gruppen von lärmenden Jugendlichen und verträumte Pärchen bei großen Eisbechern, Bier und Cocktails. Viele tragen Weihnachtsmannmützen, manche sogar ganze Kostüme -- allerdings mit kurzen Hosen. Aus den Lautsprechern schallen die üblichen Weihnachtsschlager, die mit ihren Texten so gar nicht in die hiesige Szenerie passen wollen. Da läuten die Glöckchen der Schlitten, der Schnee rieselt leise und man spaziert durch den Winterwald...während hier Bikini, Badehose und Sonnencreme die wichtigsten Accessoires über die Feiertage sind.

Klara und Pauli sind dabei ganz in ihrem Element. Sie toben durch den Sand und sammeln eifrig die etwa enteneigroßen weißen Muscheln, die es überall am Strand zu finden gibt. Aufgeregt klettern sie auf den großen Felsbrocken umher, die mitten im Sand liegen und so aussehen, als hätte ein Riese hier einmal Rollsplit fallen gelassen -- so unvermittelt erheben sie sich aus dem sehr weißen, pudrigen Sand. Auf den Zinnen der schroffen Felsen lassen sich die Möwen nieder und beobachten das Treiben unter ihnen.

Wir gönnen uns ein Stanitzel mit Eis -- für uns alle eine Premiere am Heiligen Abend -- bevor es wieder kühler wird und wir leicht fröstelnd durch den Sand zum Auto stapfen.

Beim Abendessen besprechen wir alles, was mit dem Brauch rund um den Santa Claus zu tun hat. Einige Dinge kennen Klara und Pauli ja schon, andere sind ihnen noch fremd. Die Vorstellung, dass Santa in dieser Nacht mit dem Schlitten über die Dächer von Christchurch fliegt, ist schon wahnsinnig aufregend! Wie es sich gehört, richten wir für Santa Claus ein Glas Milch und ein paar Kekse her (dass es auch zum guten Ton gehört, für die Rentiere eine Karotte herzurichten, erfahren wir leider erst am nächsten Tag!). Weil wir keine echten großen Stockings besitzen, legen die Kinder einfach ihre eigenen Socken auf das Fensterbrett -- das tut der Aufregung keinen Abbruch. Kaum, dass die beiden schlafen, trinkt Rudolf schnell die Milch und ißt die Kekse. Anstelle dessen legen wir zwei Packungen mit TimTams, australische Kekse, die wirklich sehr fein sind.

Am nächsten Morgen ist die Freude darüber entsprechend groß, dass Santa Claus nun wirklich bei uns war! Klara weiß natürlich sofort Bescheid, dass sich hier sicher das Christkind mit dem Santa abgesprochen haben muss -- andernfalls wüßte er doch gar nicht, dass wir nicht mehr in Klosterneuburg, sondern jetzt in Christchurch zu finden sind. Zum Frühstück "skypen" wir mit der Familie in Österreich. Während wir um 9h morgens im Pyjama vor unseren Müslischüsserln sitzen, sind unsere lieben Daheimgebliebenen noch in der Festtagskleidung beim festlichen Abendessen.

Am späteren Vormittag sind wir bei Rachel und ihrer Familie zum Christmas Day Lunch eingeladen. Das ist natürlich etwas ganz Besonderes für uns, die fremden weihnachtlichen Bräuche ganz authentisch bei einer einheimischen Familie miterleben zu dürfen. Im Wohnzimmer der Familie Wright steht ein mächtiger Baum, der nur der Farbe nach an den "Oh Tannenbaum!" erinnert, der in österreichischen Stuben funkelt. Es handelt sich um eine Monterey Kiefer ("Monterey Pine"), die ein wenig Ähnlichkeit mit einem gigantischen grünen Staubwedel hat. Neuseeland verfügt über riesige Farmen für diese Bäume, die nach der Abholzung nach China zur Aufbereitung verschickt werden, nur um dann wieder re-importiert und als heimische Weihnachtsbäume verkauft zu werden. Mir drängt sich da die Frage auf, was genau in China mit den Bäumen gemacht werden muss (gesund ist es vermutlich mal nicht) und wo hier der genaue Nutzen liegt.

Zur großen Überraschung und Freude der Kinder hat der Santa Claus ein paar Kleinigkeiten für sie beide unter diesen originellen Baum gelegt. Pauli ist beruhigt, dass es sich doch ausgezahlt hat, dem Santa Milch und Kekse anzubieten. Der Tausch gegen das Packerl Kekse war dem Unbescheidenen offenbar nicht gut genug!

(von links nach rechts neben mir: Rachel, Abby (15), Sam (13), Michael, Secret Agent Rudolf)

Rachels Mann Michael brutzelt das Festmahl. In Neuseeland gibt es keinen klassischen Festtagsbraten, wie beispielsweise eine üppige Gans, sondern ein feines Barbecue. Auf den Griller kommen traditionellerweise Lachs und Lamm mit verschiedenen Beilagen. In unserem Fall: Spargel, Broccoli, Erdäpfel, Bohnensalat und Rote Rüben mit Tomaten und Käse. Das alles wird nicht streng serviert, sondern ganz leger in Buffetform angerichtet. Jeder holt sich was er will und dann wird ganz zwanglos geschmaust. Insgesamt fällt es auf, dass das Weihnachtsfest -- sicher auch wegen der heißen Temperaturen und dem sommerlichen Lebensgefühl -- wesentlich weniger festlich-beschaulich abläuft als bei uns. Eigentlich ist es hier eine riesengroße, fröhliche und ungezwungene Party. Auch aus den Nachbarsgärten sind ausgelassene Partygeräusche zu hören. Wir sitzen gemütlich im Garten, trinken einen sehr feinen neuseeländischen Wein, und unterhalten uns gut. Die Kinder spielen derweilen Rugby mit Rachels fünfzehnjähriger Tochter Abby.

Nach der Jause, einer Pavlova, die die neuseeländische Traditionsnachspeise schlechthin ist (Baisermasse mit Creme und Beeren), verabschieden wir uns schön langsam und ziehen mit dem Gefühl nach Hause, einen ganz besonders netten Tag verbracht zu haben.

Thema: Santa Claus is coming to town!

Es wurden keine Beiträge gefunden.

Neuer Beitrag