Pancakes rock @ Pancake rocks
Am nächsten Morgen gönnen wir uns den Luxus, auszuschlafen und einmal so richtig spät in den Tag zu starten. Die Kinder machen es möglich -- dank der Glühwürmchen Höhle sind sie ja doch deutlich später als sonst schlafen gegangen und holen dies ausgiebig nach. Auch Rosemarie meldet sich nicht vor neun. In der Gemeinschaftsküche des Hostels richten wir unser Frühstück, essen und planen den Tag. Hokitika liegt ziemlich genau zwischen den beiden Westküsten-Attraktionen "Franz Josefs Gletscher" (benannt nach unserem vorletzten Kaiser) und den "Pancake Rocks" (weniger majestätisch nach einem Stapel Palatschinken benannt) in Punakaiki, die uns Rudolfs Kollegin Rachel sehr empfohlen hat. Nach einigem Hin und Her, entscheiden wir uns für die Pancake Rocks, da wir aus verschiedensten Gründen den Gletscher wohl mit den Kindern nicht so hätten erleben können, wie es eigentlich spannend gewesen wäre (Gletscherwanderung, Helikopterrundflug, selbst die kürzesten Wanderungen zur Gletscherzunge dauern mindestens 2h pro Strecke...).
Punakaiki befindet sich eine gute Autostunde weiter nördlich. Die Fahrt führt fast ausschließlich entlang der felsigen Küste, die -- ihr werdet überrascht sein -- einfach unglaublich schön ist. Wir bleiben fast bei jedem Aussichtspunkt stehen und fotografieren, was das Zeug hält, während tief unter uns die für die Gegend typischen wilden, hohen Wellen gegen die rotgrauen Felsen schlagen. Es ist wirklich sehr laut... von sanftem Meeresrauschen kann man hier nicht mehr sprechen; Es tost, es tobt, es frißt sich laut und zornig grollend in die Küste hinein, die über Jahrtausende immer weniger und weniger wird. Dadurch entstehen die bizarrsten und tollsten Gesteinsformationen. Von manchen ragen nur noch Überbleibsel aus dem Wasser -- irgendwann waren auch sie mit dem Festland verbunden.
Die Pancake Rocks sind durch ganz eigene Strömungswirbel, die Wasserkraft des Gezeitenwechsels und den Wind entstanden. Die Felsen weisen hier rundliche Rillen auf, die tatsächlich an übereinandergestapelte Palatschinken erinnern. Manche Felsen haben auch richtige Ausbuchtungen und Höhlen, durch die das Wasser so richtig durchspritzen kann. Manche von ihnen wurden vom Wasser geformt, andere vom hier immer wild pfeifenden Wind -- aus diesem Grund heißen sie "Blow Holes". In Punakaiki angekommen, parken wir beim Pancake Rocks Visitor Center und folgen dann dem vorgegebenen und gut gesicherten Pfad, der uns gefährlich nah an den Rand der steilen Klippen bringt, die rund 40m hoch aus dem Wasser ragen. Beim Eingang zum Rundweg steht eine Tafel, auf der davor gewarnt wird, die vorgegebenen Wege zu verlassen oder sich gar hinter die Absperrungen zu begeben. Kinder sollten niemals aus den Augen gelassen werden. Ich lese dies den Kindern vor, wobei ich es noch ein wenig dramatisiere, um sicherzugehen, dass die Kinder tatsächlich verstehen, wie wichtig es ist, dass sie hier nicht von unserer Seite weichen. Sie lauschen recht aufgeregt. Pauli verkündet, dass er die Rolle des Aufpassers übernehmen werde -- schließlich wolle er einmal auf die Polizeischule, um Polizeimann zu werden, das sei dann schon eine gute Übung. Wirklich rührend gewissenhaft widmet er sich dieser Aufgabe und schreitet jedesmal besorgt und aufgeregt ein, wenn wir seiner Meinung nach zu nahe an die Geländer geraten. Klara, die raffinierte kleine Hexe, hat ihren Bruder auf der Schaufel, indem sie kundtut, dass sie einmal Halunke, und als solches sogar Chefin einer Halunkenbande, werden wolle und dass es Pauli auch als Polizeimann nie gelingen würde, sie ins Gefängnis zu werfen. Das ärgert Pauli ziemlich. Sodann überlegt sie recht eifrig, wie man wohl am besten Halunke werden könnte und kommt dabei wenigstens nicht auf die Idee, auf irgendwelchen Felsen herumzuklettern, was sie sonst immer so gerne macht.
Auf dem Bild oben wirken Klara und Pauli ein wenig blass -- keine Sorge, die beiden sind nicht seekrank, sondern sicherheitshalber so richtig weißgekalkt von Sonnencreme mit Faktor 30. Die UV Strahlung an der Westküste der Südinsel ist die allerstärkste von Neuseeland, das ja ohnehin schon die stärkste UV Strahlung der Welt hat. Die Stärkste der Stärksten also, da kann man nicht vorsichtig genug sein. Klara trägt sogar ein UV Schutzshirt mit Faktor 50.
So geschützt, führt uns der Weg ungefähr eine Stunde lang durch die Klippen, teilweise steile Steinstufen hinauf und hinab, und bietet uns so immer wieder neue Perspektiven auf dieses tolle Naturschauspiel. Die Felsen wirken so mächtig und unverwundbar, und sind doch so machtlos gegen die Kraft des Wassers und der Luft.
An manchen Stellen läßt sich mit ein wenig Fantasie allerhand entdecken. Versteinerte Fabelwesen, beispielsweise, oder die langen Haare der Meerjungfrauen, die am Fuße der Felsen baden, sobald die Nacht anbricht.
Nach dieser abenteuerlichen Runde sind wir alle hungrig und bereit, ins Pancake Rocks Café einzukehren. Das Markenzeichen des Hauses sind, welch Überraschung, natürlich Pancakes -- die typischen kleinen, runden, fluffigen Pfannkuchen, die man mit Sirup und Früchten ißt und die eigentlich mit unseren Palatschinken wenig gemeinsam haben. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen. Für die Kinder bestellen wir eine Portion mit Beerenkompott und Schlagobers, während Rudolf und ich die hier übliche Zubereitung mit Ahornsirup, Bananen und gebratenem Speck wählen. Die Mischung von süß und salzig schmeckt besser als man vermuten möchte, wenngleich ich sagen muss, dass ich mir das Gericht ebensogut ohne den Speck vorstellen könnte. Als Ausgleich zu den üppigen Pancakes bestellen wir frische Frucht-Smoothies, wahre Vitaminbomben, die hoffentlich die Sünde der Kalorienbomben ein wenig wettmachen. Und selbst wenn nicht, es hat alles einfach richtig gut geschmeckt, und damit soll es auch gut sein. Pancakes rock @ Pancake Rocks!
Nach dem Essen stöbern Klara und ich noch ein wenig im Souvenirshop, wo wir ein paar Ansichtskarten erstehen. Pauli, Rosemarie und Rudolf machen derweilen eine besondere Bekanntschaft am Parkplatz: Ein Weka stakst des Weges, läßt sich geduldig fotografieren und flieht dann allerdings rasch wieder vor Paulis (lieb gemeinten) Avancen ins sichere Gebüsch.
Auf der Heimreise nach Hokitika kommen wir an diesen riesigen wilden(!) Hortensienbüschen vorbei, die mich richtig begeistern. Hortensien sind schließlich meine Lieblingsblumen. Noch nie habe ich sie in einer solchen Pracht gesehen.
Zurück in unserem fürstlichen Hostel werden gleich die Souvenir-Shirts probiert, die Rudolf für uns alle erstanden hat. Kiwis und Schafe in allen Variationen. Allein Pauli, der Sturkopf, weigert sich, das Shirt mit dem traktorfahrenden Schaf anzuziehen. "Ich liebe keine Traktoren!" verkündet er trotzig und überrascht uns damit alle. Pauli liebt Traktoren normalerweise nämlich so sehr wie ich Hortensien. Klara ist von ihrem Lego-Kiwi dafür umso begeisterter und Rosemarie (er)trägt es recht phlegmatisch.
Nach einer weiteren Runde Pipi's Pizza (sie ist halt einfach so gut!) freuen wir uns alle schon auf's Schlafengehen, während die Sonne über Hokitikas wildem Meer langsam untergeht.