NICHT IMMER WAS FÜR SCHWACHE NERVEN! EIN BESUCH IM SUPERMARKT.

Sicher hat jeder von euch so seine Vorstellungen, was die spanische Küche anbelangt: So kennt man im allgemeinen „Tapas“, die bunt gemischten kleinen Häppchen, das Kartoffelomelette „Tortilla“, die bunte Reispfanne „Paella“ und „Chorizo“, eine scharfe Dauerwurst. Zum Runterspülen der würzigen Köstlichkeiten gönnt man sich Rioja, Cava oder Sangria. In den Lokalen findet man all das auch ganz oben auf den Speisekarten – und wenn man sich an den anderen Tischen so umsieht, ist es auch das, was in der Regel am liebsten und meisten bestellt und verzehrt wird.

Grundsätzlich gehen die Spanier auch wirklich gerne auswärts essen. Ob das nun das Frühstück ist, das in einem Café an der Theke eingenommen wird, ein schönes Menü in der Mittagspause, oder abendliche Tapas bei einem Drink… für die Einheimischen gehört das zum guten Leben einfach dazu – das kann man auch als Ausländer beobachten.

Was aber essen die Spanier daheim in ihren vier Wänden? Das Angebot in den diversen Supermärkten und Markthallen gibt Aufschluss. Vorweg: Wir können uns hier wirklich sehr köstlich versorgen, die Auswahl an regionalem und frischem Obst und Gemüse ist beispielsweise wirklich ein Traum. Reif geerntet, mit kurzen Transportwegen, landet es im Verkauf – ein Unterschied, den man schmeckt! Auch Fisch und Fleisch, Oliven, Käse und Frischkäse werden hier in toller Qualität angeboten. Weniger reichhaltig als wir es gewohnt sind, ist die Auswahl hingegen bei Backwaren (es dominiert das Weißbrot), Milch- und Milchprodukten (während es mehrere Laufmeter Regalfläche für diverse Sorten von Haltbarmilch gibt, fristet die Frischmilch meist ein verstecktes Nischendasein), Wurst (würzige Dauerwürste gibt es, allerdings kaum etwas anderes), sowie Müslis und Frühstücksflocken (hier lautet die Devise: Zucker, Zucker, Zucker, je süßer, desto lieber…).

Zum Ausgleich für die Dinge, auf die wir hier verzichten müssen, gibt es aber einige andere Besonderheiten, Skurrilitäten (und, naja, für österreichische Gaumen manchmal: Grauslichkeiten), die uns immer wieder ins Staunen versetzen. Einige davon haben wir in den letzten Wochen fotografiert, viel Freude bei der Bilderschau – und: MAHLZEIT!

Jeder Supermarkt, der was auf sich hält -- und sei er noch so klein -- hat seine eigene Serrano-Ecke, wo die riesigen Schinken in allen möglichen Qualitäts- und Preisstufen, sowie nach unterschiedlichen Reifezeiten, Beiz-Mischungen und Produzenten sortiert, abhängen. Mit dabei: Die Schneidestation, für die man oft recht viel Geduld mitbringen muss. Wenn man sich 20 dag besonders dünne Scheiben aufschneiden lassen will, und der Serranomeister mit dem frisch geschliffenen Säbel liebevoll zur Sache geht, darf man nicht auf die Uhr schauen. Da wird jede Scheibe mit größter Sorgfalt abgesäbelt, mit Bedacht zum Papier transportiert und sachte aufgelegt. Grundsätzlich ist der tolle Serrano deutlich günstiger, als bei uns... wenn man aber bei der Theke den Kilo- mit dem 10-dag-Preis verwechselt, hat man auf einmal ein Packerl Schinken für 25 Euro im Einkaufswagerl. Nenne jetzt bewusst keine Namen, ich möchte Rudolf ja auch nicht öffentlich an den Pranger stellen! Genossen haben wir es jedenfalls sehr -- nach Wiederholung schreit es aus Budgetgründen nicht.

Mächtig, mächtig: Die kleinen, lieben Erdapferl, von denen rund 20 Stück im Netz einen Kilo ausmachen, haben wir hier noch nicht gesehen. Hier gibts keine Erdapferl, sondern nur Erdapfä -- diese beiden Geschosse oben im Bild wiegen insgesamt 1,57kg und haben uns alle fünf satt gemacht. Zur besseren Veranschaulichung der Größe liegt ein Samsung J5 Handy daneben.

Die Fischtheke ist ebenfalls ganz ein wichtiger und großer Bestandteil jedes Supermarkts hier. Während das Frischfleisch hier eine untergeordnete Rolle spielt, dominiert das Meeresgetier. Wer da noch nicht genug Auswahl hat -- die beiden großen Tiefkühltruhen im Vordergrund sind auch noch randvoll mit Fisch und Meeresfrüchten. Hier ist das Verhältnis im Angebot von Fleisch:Fisch genau umgekehrt wie bei uns.

       

Wir kaufen da auch gerne ein und haben auch schon allerhand ausprobiert. Unter anderem haben Sardinen, Calamares und diese interessanten Stabmuscheln schon ihren Weg auf unsere Teller gefunden -- unter schwankendem Beifall der Kinder...

Kommt bei den Kindern schon besser an: das Obst- und (nicht immer, aber immer öfter auch) das Gemüseangebot. Diese wunderschönen Maroni findet man momentan überall. Im Herbst kommt nämlich die Kastanienfrau "La Castañera" zu den spanischen Kindern!

Nichts für die Zartbesaiteten sind die Fleischhauertheken. In Spanien wird traditionell das ganze Tier verwertet, von Kopf bis Fuß. So grauslich das auch ausschaut -- da muss man als Fleischesser schon auch ehrlich zu sich sein: Die Schnitzel wachsen halt nunmal nicht paniert am Baum. Vielleicht lädt ein solcher Anblick ja auch zu einem bewußteren Fleischkonsum ein, was der Umwelt und der individuellen Gesundheit mit Sicherheit zuträglich wäre.

Eiweiß mal anders: In Insektenform. Angeblich sehen wir hier ja das Protein der Zukunft -- ökologisch und gesundheitlich unbedenklich. Mir graust, ich gebe es zu! Rudolf ist da abenteuerlustiger -- er hatte schon so eine Packung in der Hand, abgeschreckt hat ihn dann letztendlich der Preis für so ein kleines Häufchen Würmer (sagt er zumindest)...

Auch gewöhnungsbedürftig, ist diese Wurst aus Schweinskopf -- auch die Variante mit Pistazien rechts macht es nicht gschmackiger in der Vorstellung. Wobei, ja klar, bei unserer Extrawurst oder einem Leberkäs ist wahrscheinlich auch nur das Grauslichste des Grauslichen drinnen, da darf man sich keinen Illusionen hingeben. Allerdings bleibt die Möglichkeit der Selbsttäuschung zumindest bestehen, wenn man so einen gustigen rosa Extrawurstlappen (für die deutschen Mitleser: Lyonerlappen) auf der Semmel liegen hat! Bei einer Scheibe Schweinskopf bin ich mir da nicht so sicher.

Crazy Foodstuff, die nächste: Wurst mit Langustinengeschmack! "Das Beste zweier Welten" hat sich ein Wurstdesigner da wohl glücklich gedacht, als er diese Wurst kreierte.

Wer noch im Zweifel war, mit welchem Öl die Spanier am liebsten kochen, backen, frittieren und marinieren, dem sei gesagt: Hier gibts nur eins, das ist Olivenöl. Die Qualität ist zumeist hoch, der Preis ist günstig, das Vertrauen in "ausländisches Öl" gleich null. Ein spanischer Bekannter erzählte mir gar, dass er, wenn die Familie im Sommer die Eltern seiner deutschen Frau im Schwarzwald besuchen fährt, einen eigenen Kanister spanisches Olivenöl mitführt -- dem überteuerten Gebräu, das in deutschen Supermärkten als "Extra Virgin" angepriesen werde, vertraue er keinen Meter weit. 

Wer sogar zu faul dazu ist, ein Ei aufzuschlagen und sodann Eiweiß und Dotter zu trennen, kann hier das Eiweiß schon ohne Kalkschale, dafür in umweltverpestendem Plastikflascherl kaufen! Für den großen Baiser- oder Omelette-Hunger greift man gerne mal zur Literflasche (30 Eiweiße!), wenn's mal etwas weniger sein soll, reicht vermutlich der Viertelliter. Ich bin noch unschlüssig, was hier bei mir überwiegt: Das Wundern oder das Grausen!

Wer nach all diesen Fotos von Grausen nun nur so gebeutelt ist: Ein Schnapserl hilft! Oder gerne auch ein Glaserl Vino Tinto aus dem 5-Liter Plastikkanister. Wer diese riesigen Humpen zu proletarisch findet, dem lege ich die kleinen Weinpackerl ans Herz, die man in jeder Jausenbox ins Büro mitnehmen kann, komplett mit Strohhalm. Wer also schon als Kind sein "Sunkist" liebte, wird sich mit dem Vierterl Rot oder Weiß aus dem Saftpackerl auch anfreunden können. In diesem Sinne: Prost, meine Lieben! Ihr wart sehr tapfer.

Noch ein Wort zum Schluss: Besonders deutlich spüren wir den Unterschied zwischen spanischen und österreichischen Supermärkten übrigens in unseren Geldbörseln. Während ein Wocheneinkauf für uns fünf in Klosterneuburg selten unter 100 Euro kostet, geben wir für die annähernd selbe Menge an Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs (Putzmittel, Taschentücher, WC Papier etc.) meistens um die 70 Euro aus.

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