Hot Pools und Heritage Forests

Am Tag nach Abbys Besuch erwachen wir zu noch mehr Sonnenschein und himmlisch heißen sommerlichen Temperaturen. Es ist Freitag, 22.1., und wir haben zwei Nächte im Thermenkurort Hanmer Springs gebucht. Hanmer Springs liegt mitten in den Alpen und wurde eigentlich um Ende des 19. Jahrhunderts gefundene Thermalquellen herum gebaut, die mittlerweile (in einen großen Thermalbadkomplex eingebettet) zur Haupttouristenattraktion des Ortes geworden sind und jährlich etwa 500.000 Besucher anziehen. Von Christchurch mit dem Auto kommend, liegt Hanmer Springs nur etwa 90 Minuten entfernt -- eine schöne Fahrstrecke, die sich durchs liebliche Gebirge schlängelt, und die wir zum Großteil schon von unserer Rückreise aus Maruia Springs (siehe Abstecher nach Japan und Urwaldkinder) kennen.

Am frühen Nachmittag brechen wir auf und speziell Klara und Pauli sind schon voll der Vorfreude auf das Planschen in der Therme. Diese bietet nämlich nicht nur die heißen Quellen und "Rock Pools", also die schwefeligen Felsenbäder, sondern auch ein richtig schönes Erlebnisbad mit Rutschen, Strömungen und Wasserspielplatz für die ganze Familie. Das ganze Angebot ist allerdings im Freien. Bei schlechtem oder kaltem Wetter kann man die bis zu 41° heißen Schwefelbäder zwar auf jeden Fall auch nutzen (sie sind auch im Winter sehr beliebt), für die Kinder wäre dies allerdings dann wieder nicht geeignet.

     

Wir haben wieder ein richtig schönes Quartier gebucht, das -- im Gegensatz zur Backpackerbude in Hokitika (500 Shades of Green) -- diesmal auch richtig schönen Komfort bietet. Der Wirt des "Alpine Springs Motel" ist Brite, der vor 12 Jahren mit seiner Frau ausgewandert ist und seither nie wieder in Europa war. Sie haben aus einer abgewohnten Bruchbude in liebevoller und langwieriger Arbeit ein wahres Schmuckkästchen inmitten einer gepflegten und reizenden Gartenanlage gemacht. Einzelne Bungalows in verschiedenen Größen bilden fast ein kleines Dörfchen am Rande des eigentlichen Orts, bewacht von den drei lieben Golden Retriever Damen Sophie, Jessie und Jodie, mit denen die Kinder sofort Freundschaft schließen. Man merkt auf Schritt und Tritt, dass hier der Gast König ist -- und hier aber eine Gastfreundschaft gepflegt wird, die von Herzen kommt und nicht nur aus kommerziellem Kalkül. Unser kleines Häuschen verfügt über ein durch eine Faltwand abtrennbares Kinderzimmer, eine gemütliche Sitzecke, eine tiptop eingerichtete Küchenzeile, sowie eine einladende Veranda, auf der sich sicher der eine oder andere laue Sommerabend sehr nett verbringen läßt.

        

Wir sind so begeistert von diesem wunderbaren Flecken Erde, wo sich wie von selbst ein Gefühl der Entspannung und Ruhe einstellt, dass wir kurzerhand beschließen, unseren Aufenthalt zu verlängern und erst am Montag nach ChCh zurückzukehren. Rudolf hat einiges an Arbeit für das Wiener Büro, und kann das dank Internet ganz gut auch von Hanmer Springs aus erledigen.

Wir richten uns ein wenig ein und marschieren dann los ins Zentrum des Orts, das sich wenig überraschend, rund um das Thermalbad gebildet hat. Dort erwarten uns ein paar richtig nette Boutiquen (was man in Neuseeland eher selten findet), Cafés, Restaurants und Pubs. In unmittelbarer Nachbarschaft zur Therme liegt das 2003 aufgelassene St. Mary's Hospital, in dem während des ersten Weltkriegs Frontheimkehrer behandelt wurden. Wir spazieren durch das Spitalsgelände, wo etliche Gedenktafeln und alte Fotografien an die Geschichte des Spitals erinnern. Berührend ist ein Foto, auf dem hunderte junge verwundete Männer umringt von einigen Krankenschwestern und Ärzten zu sehen sind. Viele von ihnen waren bis zum Krieg wahrscheinlich niemals auch nur aus Neuseeland heraus gekommen und mussten dann um die halbe Welt nach Europa in den Krieg ziehen -- und für etwas kämpfen, das mit ihnen genaugenommen nur theoretisch etwas zu tun hatte. In jedem Dorf sieht man hier Kriegerdenkmäler mit den Namen der Gefallenen, so wie wir sie auch von zuhause kennen. Weltumspannendes Grauen... und eigentlich noch gar nicht so lange her.

Wir spazieren, speziell auf Drängen von Klara hin, weiter. Sie kann es nicht mehr erwarten, endlich in die Therme zu gehen. Für einen Badebesuch ist es allerdings schon etwas zu spät und so betreten wir den riesigen Komplex nur, um Preise und Öffnungszeiten zu erfragen und uns schon einmal mit den Örtlichkeiten vertraut zu machen. Es sieht sehr schön und modern aus -- die Vorfreude ist groß, der Hunger im Moment aber sogar noch größer! Bei einer rustikalen kleinen Bude, die ein wenig an einen Würstelstand erinnert, holen wir uns frische Burger und Chips, die wir dann an Holztischen verzehren.

  

Es ist immer noch sehr warm, obwohl die Sonne langsam hinter den Bergen verschwindet. Unter einem wilden Himmel marschieren wir zurück zum Motel, wo wir in absoluter Ruhe und reinster Bergluft tief und entspannt schlafen.

Am nächsten Morgen ist es leider bewölkt. Der wilde Himmel hat uns die goldenen Wolken des Abends davor dagelassen, sie allerdings in dichtes Grau verwandelt. Es ist trotzdem aber recht warm und der britische Wirt versichert uns Verzagten, dass es bis zum Nachmittag sicherlich aufreißen und Sonnenschein geben wird. Nun, für's Erste macht es wenig Sinn, in die Therme zu gehen und so packe ich die drei Kinder ein und spaziere mit ihnen zum nahegelegenen Streichelzoo "Hanmer Springs Animal Farm Park", während sich Rudolf mitsamt Laptop auf unserer netten Veranda niederläßt, um ein wenig zu arbeiten. Im Streichelzoo gibt es alle möglichen Bauernhoftiere, sowie Alpacas und Lamas, Emus, Wallabys und ein Opossum. Wir kaufen ein Säckchen Futter und schon stürmen die aufgeregten Kinder los, um die Tiere zu füttern. Klara kennt keine Furcht und hält auch den größten Ziegen und Kühen die Futterpellets auf der flach durchgestreckten Hand hin, während Pauli immer einen guten Schritt hinter ihr bleibend, vorsichtig an ihrem Rücken vorbeilugt und die Pellets lieber nur über den Zaun wirft. Trotzdem hat er dabei immer auch einen wachsamen Blick auf Klaras "Risikoverhalten". Wenn sie ihre Hand seiner Meinung nach nicht genügend durchstreckt, kreischt er voll Aufregung und auch ein wenig flehentlich: "Klara, mach die Hand ganz flach! Du musst die Hand ganz flach machen! Bitte Klara!"

     

Besonders viel Spaß macht der Besuch im Wallaby-Gehege. Die Wallabys sind recht freundliche und neugierige Gesellen. Wenn man ruhig an einer Stelle stehen bleibt (sie sich also nicht verfolgt fühlen müssen), kommen sie ganz aufgeweckt herangesprungen und lassen sich auch gerne mit frischen Blättern füttern.

  

Mittlerweile haben sich tatsächlich einige größere Wolkenlöcher gebildet und die Sonne brennt ziemlich heiß vom Himmel. Rudolf holt uns vom Streichelzoo ab und wir stürmen die Therme, wo wir uns auf einem schattigen Plätzchen auf der Liegewiese in Nachbarschaft zum Wasserspielplatz niederlassen. Es herrscht trotz des nicht ganz ungetrübten Vormittags recht viel Betrieb, wobei das Gelände aber weitläufig genug ist, dass man nicht das Gefühl hat, es sei übervoll.

Klara und Pauli erstürmen sofort den Wasserspielplatz, wobei Klara eigentlich nur ein Ziel kennt: die "Superbowl" genannte Riesenrutsche. Sie ist besonders stolz darauf, dass sie die 120cm Körpergröße, die man dafür mindestens braucht, bereits erreicht hat (sie ist etwa 122cm groß) und Pauli darauf aber noch gute 10cm fehlen. Er mimt den Betrübten, scheint aber insgeheim ganz froh darüber, dass ihm die Entscheidung, bei der wilden Rutsche zu rutschen abgenommen wurde. Vorerst schwimmen die Großen und ich aber noch eine Runde im "Lazy River", einem wilden Strudelbad und gönnen uns danach noch ein paar Minuten im heißen Thermalbecken. Ich erkläre den Kindern, dass sie unter keinen Umständen den Kopf unter Wasser stecken dürfen, weil sie sonst womöglich solche Bauchschmerzen kriegen könnten, dass sie sogar ins Spital müßten. In dem Moment springt direkt neben uns ein Bursche ins Thermalbecken und taucht unter! Speziell Pauli ist entsetzt. Noch Tage danach spricht er davon, ob der Bursch wohl noch immer im Spital ist oder ob er schon wieder nach Hause gehen durfte.

Nach einer kurzen Rast am Liegeplatz drängt Klara schon sehr auf die versprochene Riesenrutschpartie. Während Klara und Rudolf sich sodann also bei der Rutsche anstellen, pritschelt Pauli fröhlich am Wasserspielplatz. Rosemarie und ich sehen vom Platz aus zu.

     

Schließlich kommt Klara aufgeregt herbeigestürmt, um uns mitzuteilen, dass sie nur noch etwa fünf Minuten Wartezeit vor sich hätten. Wir packen uns also zusammen und stellen uns beim Rutschenauslauf in Position, um den Wagemutigen zuzujubeln. Die Rutsche ist nämlich wirklich recht wild. Durch einen steilen Tunnel wird man in einen Trichter geschossen, in dem man einige Runden dreht, ehe man in einem weiteren Tunnel verschwindet und schließlich unten beim Auslauf wieder ausgespien wird. Die Kreischerei hört man im gesamten Badbereich.

Angestellt beim Rutschenauslauf (man rutscht auf großen Schwimmreifen, Doppelrutscher also auf einem aufgeblasenen Achter ... beim Ruschenauslauf muss man auf einen dieser Reifen warten, bevor man die Stiegen zum Rutscheneinstieg erklimmen kann:

Mittig hinten sieht man Rudolf den blauen "Achter" tragen, Klara ist rechts neben ihm, aber leider verdeckt.

Oben am Rutschenturm, Klara riskiert noch einen Blick in die Tiefe, bevor sie dann beide loszischen und schließlich...

....kreischend und juchzend unten wieder ankommen!

So sieht die ganze Konstruktion aus der Ferne aus:

Ich gönne mir dann das Superbowl-Gegenprogramm und ziehe mich für ein Viertelstündchen in eines der herrlich ruhigen (weil Adults-only) "Aquatherapy" Becken zurück, wo man in 39° heißem Thermalwasser langsam gegart und dabei von recht starken Düsen durchmassiert wird. Dazu der Blick auf die Berge und die weiche, warme Sommerluft... Herrlich. Da werden Körper und Seele gestärkt.

Die Kinder toben schließlich im Krokodilpool, wo Klara ihre Künste im Beckenrandspringen demonstriert.

So genießen wir alle den Badetag, und packen uns erst gegen 19h zusammen -- der Hunger scheucht uns schließlich auf. Bevor wir ins Motel heimkehren, holen wir unser Abendessen im indischen Lokal "Coriander's" und essen auf der heimischen Veranda. Speziell Klara ist sehr begeistert vom indischen Essen, kostet mutig auch die schärfsten Gerichte und schaufelt alles mit großem Genuss in sich hinein. Zur Schlafenszeit gibt es dann zwar Protest ("Wir sind noch gar nicht müde! Ich kann nicht schlafen!" etc.), doch erleben die zwei Helden dann nicht einmal mehr die letzten Takte der Gute-Nacht-Lieder.

Tags darauf ist es wieder bewölkt, aber immer noch warm. Ich ziehe mit den Kindern am Vormittag für eine Wanderrunde in den Wald, während Rudolf wieder arbeitet. Der "Hanmer Springs Heritage Forest" wurde 1906 aus hunderten Baumarten aus allen Regionen der Welt angelegt. Mittlerweile sind die Bäumchen schon wahre Riesen geworden, und wachsen hier so gesund und dicht, dass man vom Wanderweg aus kaum den Himmel sehen kann. Dafür gibt es aber jede Menge Fliegenpilze und Schautafeln mit Informationen zu den einzelnen Bäumen. Wir kommen auch an einer "Austrian Pine" vorbei, die aus Österreich importiert wurde und eben seit 110 Jahren an dieser Stelle steht. Die Kinder sind ausgeschlafen und hochmotiviert und marschieren flott und fröhlich. Es gibt so viel zu entdecken! Wir sehen Baumhöhlen, in denen wahrscheinlich Kobolde leben und singen auf Anordnung von Pauli laut das Titellied zu "Pumuckl", um die Kobolde aus den Höhlen herauszulocken. Klara verkündet daraufhin bestimmt, dass es doch keine Kobolde gäbe und Pauli hier auf dem Holzweg sei. Es gäbe nämlich nur Elfen! Pauli läßt sich davon aber nicht beirren und trällert begeistert weiter "Hurraaaa, Hurraaaa, der Kobold mit dem roten Haaaahh!"

Danach zieht es uns wieder ins Bad. Leider tröpfelt es ganz leicht und ist nicht mehr so gemütlich wie am Tag davor. Ein paar Mal rutschen und ein wenig Entspannung im Aquatherapy Pool machen aber trotzdem noch immer Spaß.

        

Wir lassen den Tag mit "Thai-Essen" auf der Veranda ausklingen, die Kinder sind danach wieder rasch im Land der Träume. In der ruhigen Finsternis arbeitet schließlich Rudolf noch ein wenig und ich widme mich wieder dem Blog.

Am Montag heißt es dann auch schon wieder Abschied nehmen von Hanmer Springs, das uns auf Anhieb gleich so besonders gut gefallen hat. Später wird Rudolf im Gespräch mit Kollegen von der University of Canterbury herausfinden, dass die Neuseeländer Hanmer für die "europäischte" aller Städtchen halten. Ob das wohl etwas damit zu tun hat?

Die Kinder verabschieden sich betrübt von den drei Hunden, die sie so ins Herz geschlossen haben. (Selbst mich, wo ich eigentlich nicht der größte Hundefan bin, haben die drei charmanten Damen ein wenig um den Finger gewickelt). Pauli würde sie am liebsten heimlich im Kofferraum mitnehmen. Zu dumm, dass der mit unserem Gepäck ganz voll ist und wir keinen Platz mehr haben...

Thema: Hot Pools und Heritage Forests

NZL

Ich wollte kurz mitteilen, dass ich 6 Wochen NZL gebucht habe. Ich kann mir das alles nicht entgehen lassen, besonders die Rutsche.

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