Gewissermaßen Alltag in ChCh
Unsere schöne Rundreise, über die wir hier so ausführlich berichteten, ging ja bereits am 4.1. zu Ende. Mit der einen Wochenend-Unterbrechung in Hokitika waren wir seitdem ständig in Christchurch. Höchste Zeit, ein wenig von unserem neuseeländischen Alltag zu erzählen. Rudolf ist fleißig an der University of Canterbury eingespannt, während die Kinder und ich unsere Tage nun zu viert gestalten. Ich muss gestehen, dass ich es mir, von Klosterneuburg aus betrachtet, gar nicht so leicht vorgestellt habe, die Tage ohne die Struktur, die sich durch Kindergarten/Schule und die diversen Aktivitäten der Kinder ergibt, auszufüllen. Und das dann auch noch ohne mein übliches "Unterstützungsnetzwerk" aus engagierten Großeltern und Freundinnen. Nun, ich will nicht behaupten, dass mir mein Unterstützungsnetzwerk nicht abginge -- allerdings weniger wegen der Hilfe in der Kinderbetreuung. Ich vermisse einfach meine Lieben! Dass uns die Struktur der Klosterneuburger Pflichten fehlt, kann ich aber nicht bestätigen. Im Gegenteil... ich genieße es sehr, einfach einmal ohne jeglichen Termindruck oder irgendwelche Verpflichtungen mit den Kindern hier die Tage zu verbringen. Niemand muss zu einer fixen Zeit irgendwo abgeholt oder hingebracht werden. Niemand muss für spezielle Aktivitäten Jausen, Gewand, Ausrüstung eingepackt haben. Niemand muss hier irgendetwas. Und das entspannt einfach ungemein.
Was machen wir also den ganzen Tag? Viel dies und viel das -- und langweilig war uns noch nie! Christchurch ist eine Stadt, die (wie eigentlich ganz Neuseeland) sehr stark auf die Kinder ausgerichtet ist. Parks, Spielplätze und spezielles Kinderangebot findet man eigentlich überall. Es fällt also leicht, mit den Kindern auszugehen, weil man sicher sein kann, auch für die Kleinsten adäquate Unterhaltung zu finden, was wir gerne und oft nutzen. Über unsere Aktivitäten außerhalb unserer vier Wände will ich in einem eigenen Beitrag berichten -- und zeige euch heute (in eher spontaner Reihenfolge) ein paar Impressionen, was wir "zuhause" so anstellen, wenn der Tag lang ist (und der ist hier sehr lang... finster wird es erst gegen 22h).
SOMMERZEIT IST GARTENZEIT
Dass hier Sommer ist, alles grünt und blüht und die Temperaturen mild und angenehm sind, ist sicher ein ganz entscheidender Faktor in unserem Wohlgefühl hier. Unser Häuschen umschließt auf zwei Seiten einen reizenden kleinen Garten mit schönem Rasen, einigen Sträuchern, Bäumen und Blumen. Er ist klein genug, um überschaubar zu sein (ich habe die Kinder also immer ganz gut im Visier), aber groß und verwachsen genug, um hier tatsächlich auch Abenteuer zu erleben, beziehungsweise am Rasen wild Fußball oder Rugby zu spielen. Die Bäume bieten so ausreichend Schatten, dass man sich untertags trotz der starken UV-Strahlung unbekümmert draußen aufhalten kann (Sonnenschutz und Kopfbedeckung sind natürlich trotzdem Pflicht). Wir verbringen also einen Großteil des Tages draußen. Die Kinder fahren Rad und Tretroller in der asphaltierten Einfahrt, kriechen durchs Gebüsch auf der Suche nach Schätzen (wo Klara tatsächlich eine riesige glänzende Paua-Muschel mit türkisem Perlmutter gefunden hat) und klettern auf den Bäumen und Palmen umher. Im Haus haben wir eine schöne Picknick-Decke gefunden, die unsere Vorbewohner dagelassen haben, und auf der wir nun gerne auch einmal faul liegen und gemeinsam lesen. Die große stein-verflieste Terrasse ist ideal für die "Play-Doh"-Küche (Play-Doh ist eine Art Plastillin), aus der ich regelmäßig mit bunten Eisbechern, Kuchen, Pizza und anderen gekneteten Kreationen verwöhnt werde. Sobald Rudolf nach Hause kommt, gibt es fast täglich noch eine wilde Partie Rugby. Manchmal gelingt es mir sogar, mich mit einer Tasse Kaffee und einer Zeitschrift in die Sonne zu setzen, wenn Rosemarie schläft und die beiden Großen im Spiel vertieft sind. Selten, aber umso wertvoller!
Besonders schön an unserem schönen Garten ist, dass wir ihn nicht selbst pflegen müssen. Ein Mal in der Woche steht ein von der Universität gesandter Gärtner vor der Tür, der den Rasen mäht und auch sonst für Ordnung im Garten sorgt. Wir wußten ursprünglich gar nicht, dass es diesen Service gibt und gingen selbstverständlich davon aus, dass wir wohl selbst Rasen mähen müßten, bis er eines Tages auf einmal mit dem Rasenmäher im Garten stand und arbeitete. Eine schöne Überraschung. Seitdem warte ich jeden Tag darauf, dass auf einmal überraschend eine Putzfrau im Haus steht und putzt... bislang leider vergebens. Ich gebe die Hoffnung aber noch nicht auf und putze sicherheitshalber nicht!* Nach dem Rasenmähen scheucht der Gärtner jedenfalls regelmäßig noch die kreischenden Klara und Pauli mit dem Laubbläser durch den Garten, was allen drei großen Spaß macht.
*das war natürlich ein Scherz. Ich putze sehr, sehr viel.
SOMMERZEIT IST MANCHMAL AUCH REGENZEIT
Wenn das Wetter nicht so schön ist, vertreiben wir uns die Zeit drinnen. Rosemarie liegt mittlerweile schon recht begeistert unter ihrem Spieltrapez und versucht, nach den über ihr baumelnden Tieren zu schlagen und manchmal auch zu greifen. Bisweilen erwischt sie eines am Beinchen und hält es ganz fest, wobei wir uns nicht sicher sind, ob ihr das nicht einfach eher zufällig in den Fingern hängen geblieben ist. Vom ganz bewußten Greifen ist sie aber nicht mehr weit entfernt.
Klara und Pauli spielen gerne Kaufmannsladen mit echten neuseeländischen Miniaturlebensmitteln (die wir von Rachel geborgt bekommen haben), zeichnen und rätseln. Manchmal gestaltet Klara für uns auch eine "Indoor-Olympiade", wo wir dann in knallharten Disziplinen wie "Ententanz" oder "Um-die-Couch-robben" gegeneinander antreten. Wir backen auch gerne gemeinsam oder spielen Skip-Bo, ein Kartenspiel, bei dem es einerseits auf Kartenglück, andererseits auf Strategie ankommt. Klara ist beim Skip-Bo Spielen bereits dermaßen strategisch ausgefuchst, dass Rudolf und ich schon richtig aufpassen müssen! Vom "Gewinnenlassen" früherer Zeiten sind wir bereits meilenweit entfernt. Im Gegenteil! Wir würden uns mittlerweile sogar schon wünschen, auch wieder einmal eine Chance gegen die kleine Chefstrategin zu haben.
Noch in Klosterneuburg habe ich mir von Klaras Lehrerin Frau Penz das Lernpensum für die Zeit, die Klara in der Schule fehlt, geben lassen. Nun lernt und übt Klara täglich ein paar Seiten und ist dabei wirklich sehr fleißig und gewissenhaft. Dank ihrer raschen Auffassungsgabe versteht sie den neuen Stoff sehr schnell und kann das Gelernte auch rasch in den Übungen umsetzen. Fast jeden Tag bekommen wir zusätzlich von Frau Penz über Whatsapp die aktuelle Hausübung übermittelt, die Klara erledigt und wir per Foto danach an Frau Penz zurückschicken.
BESUCHE
Manchmal bekommen wir auch Besuch! Beispielsweise von Abby, der 15-jährigen Tochter von Rudolfs Kollegin Rachel. Abby spielt mit Klara und Pauli und bringt ihnen dabei ein paar englische Begriffe bei. Die drei verstehen sich trotz der Sprachbarriere sehr gut -- überraschend finde ich, dass ihre Unterhaltungen oft sogar einen Sinn ergeben, obwohl Abby mit Klara und Pauli Englisch spricht und die beiden ihr auf Deutsch antworten. Lustig wird es, wenn unsere Großen Abby auch auf Englisch antworten. Dann sagen sie nämlich auf jede ihrer Fragen im Chor "Yes, please". Da fragt dann Abby beispielsweise nach ihrer Lieblingsfarbe und die unisono Antwort ist: "Yes, please!". Auf die Frage, ob es ihnen in Neuseeland gefällt, schreien sie fröhlich im Chor: "Yes, please!". Vor die Wahl gestellt, ob sie im Garten lieber Rugby oder im Haus lieber Playmobil spielen wollen, fällt ihnen sofort ein herzhaftes "Yes, please!" ein. Und manchmal passt es aber sogar. "Would you like some ice cream?" -- "YES, PLEASE!"
Ein anderer Besucher, den wir nicht eingeladen hatten, der dafür aber gleich frech in unser Schlafzimmer wanderte und es sich in meinem Kleiderschrank gemütlich machte, war ein rothaariger Jüngling von wirklich stattlicher Statur. Ich war nur froh, dass Rudolf zufällig zuhause war, als der Kerl bei der Terrassentüre hereinspazierte! Ich hätte gar nicht gewußt, wie ich mit ihm fertig werden hätte können. Selbst Rudolf musste sich eines Schinkens behelfen, weil der Halunke ihn gleich befauchte und bepratzelte, als er ihn hochheben wollte. Klara und Pauli wußten vor Aufregung weder aus noch ein und ich war auch ganz froh, als er wieder draußen war. Offenbar ein Rassekater (ich tippe auf Maine Coon) und doppelt so groß wie Minki und Berta zusammen. Das Selbstverständnis, mit dem er es sich gleich im Schlafzimmerkasten gemütlich machte, läßt darauf schließen, dass es nicht sein erster Besuch in unserem Haus gewesen sein kann!
FERNSEHEN
Ja, auch das machen wir hier. Selten aber doch gönnen wir uns eines von fünf neuseeländischen Programmen, die wir hier empfangen können (TV One, TV2, TV3, Four, Maori). Das Programm ist sehr stark von Kochsendungen geprägt, dazwischen immer wieder eine Art "Land und Leute"-Talkshow und viele Krimis. Überraschend wenig Kinderprogramm (vermutlich, weil die neuseeländischen Kinder sich mehr auf den vielen, vielen tollen Spielplätzen tummeln, anstatt in die Röhre zu glotzen), dafür aber spannende Knaller wie "Border Patrol", das es jeden Tag mehrmals an unterschiedlichsten Sendeplätzen und über verschiedene Sender hinweg spielt. Darin geht es, und das ist kein Scherz, um die BIOSECURITY Staffel am Flughafen. Es ist ein Reality Format, zeigt also echte Fälle von versuchten Lebensmittel- und Pflanzenschmugglereien. Was sich da für menschliche Dramen abspielen, unglaublich! Da müssen ganze Käselaiber zur Vernichtung zurückgelassen werden; die selbstgepflückten Teekräuter der Oma werden ebenso konfisziert, wie in Tiefkühlsäckchen eingeschweißte gräuliche (und greuliche) Fleischstücke. Was wir mit unseren Gummistieferln erlebten, war ja wohl doch nur die Spitze eines Eisbergs, dessen Tiefgang sich uns erst so richtig beim Schauen von "Border Patrol" in seinem ganzen Elend offenbarte. Manchmal kommen aber auch echte Verbrechen vor -- wie z.B. die Dame aus Vietnam, die sich in den Knackpopo Implantate einsetzen hatte lassen. Diese waren aber nicht dazu gedacht, aus einem flachen Po ein rundes Venuspopschi zu machen, sondern dienten vielmehr als Versteck für 52 Pellets voll Heroin.
Rudolfs und mein abendliches Programm ist momentan der preisgekrönte BBC-5-Teiler "Doctor Foster", der in UK im Herbst 2015 ein wahrer Straßenfeger war und etliche Preise eingeheimst hat. Es ist ein unglaublich intensives, emotional aufwühlendes und brillant gespieltes (fast) Kammerstück um eine Ärztin, deren Leben auf verschiedensten Ebenen in Scherben zerbricht, als sie ihren Ehemann einer Affäre verdächtigt. Die Miniserie ist so gut (und hat in UK, so wie auch hier so große Wellen geschlagen), dass wir uns sicher sind, dass es bald auch eine deutsche Fassung in ARD oder ORF geben könnte. Unbedingt anschauen!
Hier sehen wir "Border Patrol", was sonst. Die Hochspannung steht uns sicher ins Gesicht geschrieben. Warum hat die ägyptische Familie die Packerln mit Getreide und anderen brandgefährlichen Körnern nicht deklariert? Werden sie sie abgeben müssen? Wie hoch wird die Strafe ausfallen?
KONTAKT MIT DAHEIM (Klosterneuburg), bzw. DAHUAM (Südburgenland)
Bei 12h Zeitverschiebung ist es (wie ihr sicher schon bemerkt habt) gar nicht so leicht, mit den Lieben daheim einfach so spontan einmal zu telefonieren. Es ist wie im Conny-und-Peter-Schlager "Lady Sunshine und Mister Moon können gar nichts dagegen tun! ... Wenn sie aufsteht, geht er schlafen..." www.youtube.com/watch?v=sqBy-B4uws4
Lady Sunshine und Mister Moon haben nicht an die Idee des Skype-Rendezvous gedacht! Wir setzen uns Telefonverabredungen zu Tagesrandzeiten, die dann für alle gerade noch passen (was mit den Kindern auch nicht so leicht ist -- mit unseren Nichten Laura und Anna haben wir einige Anläufe gebraucht, bis wir uns dann doch noch gesehen haben). Wir plaudern also entweder zum Frühstück oder zum Abendessen. Unten haben wir gerade Großmama Susi auf dem Bildschirm.
Als sehr hilfreich hat sich für uns alle "Whatsapp" mit den diversen Familien- und Freundesgruppen erwiesen. Es ist momentan für uns die einfachste, schnellste und günstigste Möglichkeit, Bilder und kurze Filmchen über den halben Globus wandern zu lassen und zumindest mit ein paar Worten und Emojis auf dem Laufenden über die allgemeinen Aktivitäten und Befindlichkeiten zu bleiben. Über Facebook können wir zumindest passiv beobachten, was sich so tut. Weil Whatsapp und doch auch die kurzen Skypegespräche lang nicht ausreichen, um all das zu berichten, was uns hier bewegt, schreibe ich (fast) jeden Abend an diesem Blog und hoffe, euch alle damit nicht nur am Laufenden zu halten, sondern auch ein wenig Unterhaltung zu bieten! Über ein wenig regeren Austausch im Kommentarbereich unten würden wir uns übrigens auch riesig freuen.