Ein paar Tage mit KaKo

Wie bereits im Beitrag Familientreff um die halbe Welt kurz beschrieben, haben auch unsere Nichte Katharina und unser Neffe Konstantin zeitgleich, wenn auch nicht gemeinsam, mit uns Neuseeland bereist. Das hätte sich vor ein paar Monaten auch noch niemand gedacht, dass einmal fünf der sieben Enkelkinder von Opa Rudi Dömötör zur gleichen Zeit ausgerechnet in Neuseeland weilen würden. Rudolf mitgerechnet, waren es dann also sechs seiner elf direkten Nachkommen (vier Kinder und sieben Enkelkinder) -- genaugenommen also 55% seiner Nachkommenschaft, die sich gleichzeitig rund 18.000km entfernt vom Orte, wo dereinst (oder jetzt gerade, in Rosemaries Fall) ihre Wiege stand (steht), aufhielten. Und da wir hier mit unserem schönen Haus in Christchurch ja gewissermaßen ein kleines Zuhause haben, stand auch recht schnell fest, dass Kathi und Konstantin nach Beendigung ihrer wilden Gruppenreise mit Contiki noch ein paar ruhigere Tage bei uns verbringen würden. Contiki ist spezialisiert auf Jugendreisen, hat also mit dem Studienreisenangebot, das man beispielsweise bei "Studiosus" findet, maximal das geographische Reiseziel gemeinsam. Mehr muss man dazu nicht sagen. Es waren also zwei einigermaßen ausgelaugte Gestalten, die Rudolf am Montag, 11.1. gegen Abend vom Ibis Hotel Christchurch abholte und zu uns nach Hause brachte. Katharina war relativ schnell regeneriert; Konstantin hingegen brauchte gute drei Tage fast durchgängiger Bettruhe, um fit genug zu sein, die Heimreise nach Österreich anzutreten. Mehr muss man auch dazu nicht sagen. Es soll nur als Hinweis gelten, warum auf den meisten der folgenden Fotos nur Katharina, nicht aber Konstantin abgebildet ist.

Nach einem recht gemütlichen und langsamen Start in den Tag (die Kids mussten sich richtig gut ausschlafen), steht am Dienstag Nachmittag ein wenig Shopping im Zentrum von Christchurch am Programm. Sobald Rudolf vom Büro nach Hause gekommen ist, starten wir los. Es gilt, keine Zeit zu verlieren! Die Geschäfte schließen hier nämlich so früh, dass man sich wundert, wann Berufstätige überhaupt ihre Einkäufe erledigen können. Unter der Woche wohl gar nicht -- zum Ausgleich haben aber sowohl Boutiquen als auch Supermärkte auch den ganzen Sonntag lang geöffnet. Ich muss sagen, mir ist es lieber, unter der Woche länger einkaufen gehen zu können und dafür einen freien Sonntag zu haben, der eine Konsumpause und damit auch überall ein wenig mehr Ruhe bedeutet. Nun, unser Ziel an diesem Tage ist die "Re:START Mall", eine Art Open Air Einkaufszentrum, das auf einem Abbruchgrundstück entstanden war. Abbruchgrundstücke gibt es seit dem Erdbeben 2011 sehr viele, speziell im Zentrum, in dem zwischen Häuserzeilen richtige Löcher klaffen. Darüber möchte ich aber noch gesondert berichten... Das große Erdbeben von 2011 hallt hier dermaßen intensiv nach (nicht nur im Stadtbild, sondern vor allem emotional), dass ich dem unbedingt einen eigenen Beitrag widmen möchte.

Die Re:START Mall ist eine Ansammlung von Baucontainern, die in trendigen bunten Farben bemalt und teilweise mit Graffiti besprüht sind, was gewissermaßen eine chice "Pop-up-Store Atmosphäre" schafft. Die Container beherbergen durchwegs recht modische Boutiquen, Interieurs- und SchnickSchnack-Läden, in denen man auf jeden Fall originelle Teile abseits des Mainstream erstehen kann. Zwischen den Containern haben sich kleine, mindestens ebenso zeitgeistige Gastronomiebuden eingenistet, wo man Sushi, zig verschiedene Sorten Espresso, Thai, Mexikanisch und frische Smoothies erstehen kann. Die Stimmung ist entspannt und sommerlich-urban, es tönt elektronische Chill-out Musik aus den Lautsprechern.

   

   

Während Katharina und ich durch die Boutiquen streifen, verbringen Rudolf und die Kinder ihre Zeit im Fanshop der neuseeländischen Heldentruppe "All Blacks", also der Rugbynationalmannschaft, die seit dem 31.10.2015 amtierende Weltmeister sind. Die Kinder bekommen beide ein T-Shirt, das sie seitdem fast täglich getragen haben, und Rosemarie sogar einen Strampler, der ihr allerdings wohl erst in zwei, drei Monaten passen wird. Die Figur einer Rugbyspielerin zeichnet sich bei ihr aber jetzt schon ab! Daran soll es also nicht scheitern.

   

   

Katharina und ich sind auch ganz in unserem Element. Wir haben zwar nur eine gute Dreiviertelstunde Zeit bis zum Ladenschluß, nutzen diese aber dermaßen effizient, dass wir, als der Gong ertönt, ganz zufriedene Jägerinnen und Sammlerinnen sind, wie man unten auf dem Foto ("Hunters and Collectors") ganz gut erkennen kann. Die Sackerln in unseren Händen hat der Fotograf gnädigerweise abgeschnitten.

Die paar kleinen Errungenschaften im Auto verstaut, machen wir noch einen kleinen Stadtrundgang. Wer die Stadt vor 2011 gesehen hat, würde das Zentrum wohl nicht wiedererkennen. Wo einst ganze Häuserzeilen dicht an dicht standen und reges Treiben zwischen Geschäften, Cafés und Büros herrschte, ist nun oft einfach gar nichts mehr. Viele Bereiche sind nach wie vor aus Sicherheitsgründen abgesperrt, bei anderen wurden die Ruinen schon abgetragen und klaffende Lücken hinterlassen, die teilweise Parkplätze beherbergen, teilweise aber auch verschiedenste Kunstprojekte, wie hier unten auf dem Bild zu sehen ist. Auf einem Schotterplatz wurden bunte hölzerne Loungemöbel, eine Musikanlage und als Hintergrund eine bunte Graffitiwand installiert. Solche Ecken findet man viele -- ein Kunstkollektiv hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Zentrum so ein wenig wiederzubeleben.

Hier unten wurde auf einem Abrissplatz ein urbaner Garten geschaffen -- eine Ansammlung von Hochbeeten und kleinen Gewächshäusern, wo Kräuter, Gemüse und Blumen wachsen.

Ein neues Wahrzeichen der Stadt ist die "Transitional Cathedral", also wortwörtlich die "vorübergehende" Kathedrale, die nach dem teilweisen Einsturz der alten Kathedrale geschaffen wurde. Der verwendete Werkstoff ist tatsächlich Karton. Das Gebäude ist lichtdurchflutet und zeugt von Hoffnung und Glaube an die Zukunft. Inspirierende Zitate zieren die Wände. Der Besuch dieser Kathedrale ist im Hinblick auf ihre Entstehungsgeschichte sehr berührend, wobei uns nicht viel Zeit zur Rührung bleibt, da die Kinder schon sehr hungrig sind und auf den versprochenen Restaurantbesuch drängen.

   

      

Wir lassen das Zentrum also hinter uns und wenden uns zurück Richtung Heimatgrätzel "Riccarton", wo wir im Restaurant "Lone Star" einkehren. Lone Star ist eine neuseeländische Franchisekette, die typisch neuseeländische Kost anbietet. Das heißt, hauptsächlich üppige und frittierte Speisen in riesigsten Portionen. Eine Rugby-Nation muss entsprechend gefüttert werden und das geht nun einmal nicht mit dem kleinen Beilagensalat (den es bei Lone Star sicherheitshalber gleich gar nicht gibt, damit hier nur niemand auf dumme Gedanken kommt!). Wir essen gut und natürlich viel zu viel, und wackeln mehr als gesättigt nach Hause.

Tags darauf steht ein Besuch des weit über die Grenzen von Christchurch renommierten Antarktikcenters auf dem Programm. Dies ist ein fast wie ein actionreicher Themenpark aufbereitetes Antarktikmuseum, das in erster Linie die derzeitige internationale Forschungsbasis in der Antarktis vorstellt. Christchurch ist mit rund 3.800km Entfernung die nächste größere Stadt und damit auch Hauptversorgungsquelle für Nahrungsmittel, Treibstoff und andere Güter des täglichen Bedarfs. Immerhin drei Mal in der Woche geht ein Flugzeug direkt von Christchurch zur auf Ross Island gelegenen Scott's Base, benannt nach dem Basislager des 1913 in der Antarktis erfrorenen Forschers.

Gleich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Antarctic Centre befindet sich das wissenschaftliche Antarktisforschungszentrum der USA, die ebenso von Christchurch aus ihre Forschungsprojekte steuern.

Das Programm im Museum ist recht vielfältig und spannend aufbereitet. Wir stellen zwar im Nachhinein fest, dass es hier schon weniger um die Wissensvermittlung als eher um Spaß und Action geht, aber einiges Wissenswertes über die Antarktis und ihre Rolle im Weltgefüge, als „Klimapolizei“ und Heimat unzähliger Tier- und sogar Pflanzenarten, sowie ihre Geschichte, bleibt dann doch hängen. In einem Bereich des Museums gibt es verschiedenste Pinguinarten – viele von ihnen alt, teilweise blind oder lahm. Sie wurden unter anderem aus aufgelassenen Tiergärten ins Antarktikcenter gebracht, oder auch an der Küste gestrandet aufgefunden und hierher gerettet. Es ist also quasi ein Pinguin-Ausgedinge, das man hier vorfindet. Zwei Mal täglich kann man bei der Fütterung zusehen.

Auf den beiden Bildern unten sieht man, wie die Kinder jeweils mit einem Bein auf einem Pol stehen... darunter befindet sich nämlich je ein Fläschchen mit geschmolzenem Eis der Polkappen.

Jede Menge Antarktis-tauglicher Fahrzeuge sind natürlich auch zu bestaunen. Die meisten stehen einfach nur so da und dürfen gern erklettert werden. Mit einem darf man aber tatsächlich auch mitfahren -- dem Hagglund unten rechts. Dabei sitzt man angeschnallt in dem hinteren Teil des Raupenfahrzeugs, während sich der Fahrer vorne einen Riesenspaß daraus macht, mit dem kleinen Gefährt einen wilden Parcours entlang zu sausen, an dem die Bedingungen der Antarktis nachempfunden wurden. Man fährt über Metertiefe Eisspalten, taucht fast unter in einem Eiswassersee, überwindet wildeste Gefälle und gerät hie und da in solche Schräglage, dass man kaum glauben kann, dass die kleine Kiste nicht kippt.

Eines der Highlights des Programms ist auf jeden Fall der „Live Snowstorm“. Dazu wird man in dicke gefütterte Jacken gepackt, bekommt Überschuhe und wird dann in einen geschlossenen Raum verfrachtet, in dem es konstant -8° hat. Bei Windstille, wohlgemerkt! Nach einem Countdown legt die Windmaschine los, bis sich die -8° schließlich wie -18° anfühlen. Das Ganze dauert rund 5 Minuten, was aber ausreicht, um einen guten Eindruck über diese schneidende Eiseskälte zu bekommen. Ich bleibe mit Rosemarie draußen, zusammen mit Katharina, die auch wenig Lust aufs Frieren hat. Rudolf und die Kinder schmeißen sich aber heldenmutig in die Eishölle, wie man auf den folgenden Fotos sehen kann.

Die schwarzen Fähnchen dienen übrigens zur Kennzeichnung von Eisspalten.

Von außen kann man das Geschehen einerseits durch große Fensterscheiben mitverfolgen, andererseits aber auch auf einem Monitor die Entwicklung der Temperatur und Windgeschwindigkeit beobachten.

Frieren ist jedenfalls ein Hauptbestandteil der Ausstellung... hier kann man in eisiges Eiswasser greifen und anhand einer Stoppuhr testen, wie lange man es aushält. Highscore eines Unempfindlichen: über eine Minute! Mir reicht es nach wenigen Sekunden... wozu sind wir denn hier im Sommer? Da hätten wir gleich im heimischen Winter bleiben können. Die Eispfützen warten zu Hause ohnehin noch auf uns.

Weiter unten sieht man die Kinder in einer nachgebauten, aber nicht minder kalten Eisspalte.

Rudolf stolz als Expeditionsleiter vor seinem Zelt. Zunächst noch motiviert als Schlittenführer, ist er rechts daneben schon deutlich von Entbehrungen gezeichnet...

Speziell für uns besonders spannend und wertvoll ist die Tag/Nacht/Jahreszeiten-Installation. Dabei kreist eine kleine Erde um ihre eigene Achse und um eine große Sonne und simuliert damit einerseits die Tag/Nacht-Wechsel, andererseits aber auch ein ganzes Kalenderjahr. Unten kann man an einem Rad selbst drehen und damit das Werk in Gange bringen. Eigentlich ist es dazu gedacht, zu zeigen, dass in der Antarktis ein halbes Jahr lang Finsternis und ein halbes Jahr lang Licht herrscht – für uns ist es aber das ideale Vehikel, um den Kindern zu veranschaulichen, warum zuhause in Österreich alle schlafen, während bei uns helllichter Tag ist.

Abgerundet wird das tolle Programm mit einem wirklich großartigen 4D-Film namens Ice Voyage. Unter 4D können wir uns anfangs wenig vorstellen. Beim Eingang werden 3D Brillen ausgeteilt, man nimmt im dunklen Kinosaal Platz. Eine ominöse Stimme aus dem Hintergrund informiert uns darüber, dass das Programm für Menschen mit Herzleiden, hohem Blutdruck oder anderen Erkrankungen eventuell zu anstrengend sein könnte. Man bekommt wie im Flugzeug eine Einweisung über die Fluchtwege und ich beginne mich zu fragen, ob es wohl eine gute Idee war, mit Rosemarie in der Trage an diesem Spektakel teilzunehmen. Klara und Pauli sind naturgemäß extrem aufgeregt, was sich auch darin zeigt, dass Klara alles, was Rudolf oder ich sagen, noch einmal wie zur Bekräftigung ihrem Bruder zubrüllt. Und dann geht es los. Wir rasen mit halsbrecherischem Tempo mit einem kleinen Forschungsschiff durch das Eismeer, während uns vom Bug die Gischt ins Gesicht spritzt (dabei sprüht tatsächlich Wasser aus dem Vordersitz in unsere überraschten Gesichter -- die Kreischerei im Kinosaal kann man sich vorstellen!). Beim wilden Wellengang beginnt auch der Sitz wie wild zu ruckeln. Rosemarie verschläft die Action ohne sich auch nur einmal zu regen -- offenbar wäre sie sogar fit für eine Antarktisexpedition, solange sie nur gut in der Bauchtrage verpackt ist. Durch die 3D Effekte hat man wirklich das Gefühl mittendrin zu sein. Auf einmal erreichen wir eine Pinguinkolonie. Die Pinguine watscheln in perfekter Animation auf uns zu und aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Pauli aufspringt, die Arme ausstreckt und versucht, sie zu streicheln. Er schreit vollkommen verzückt: "Hier her! Hier her! Pinguine kommt zu mir!". Zum Abschluss gibt es noch einmal zwei feuchte Effekte: einmal prustet uns ein Seelöwe eine Ladung Wasser ins Gesicht, danach fängt es zu schneien an, worauf tatsächlich echte Schneeflocken leise von der Decke rieseln. Pauli spricht noch tagelang davon, wie lustig es war, dass uns der Seelöwe ins Gesicht gespuckt hat... für ihn mit seinen vier Jahren waren die 4D Effekte real.

Dem daheimgebliebenen Konstantin haben wir beim gemeinsamen Abendessen daheim viel zu erzählen... es war wieder ein richtig schöner Nachmittag.

Am nächsten Morgen heißt es dann auch schon Abschied nehmen. Für Katharina und Konstantin geht das Abenteuer Neuseeland bereits zu Ende, während wir noch gute drei Wochen vor uns haben. Für uns war es jedenfalls wirklich schön, so weit von der Heimat so lieben Familienbesuch zu haben. Wer hätte das je gedacht...

 

Thema: Ein paar Tage mit KaKo

Haka

Ich wünsche mir bei Eurer Rückkehr einen "All Black - Familien Haka"! (um feindliche Familien abzuschrecken)

wau

Das war ja wieder interessant und so schön, dass Ihr es mit Ka und Ko teilen konntet. Da werdet Ihr noch in Jahren darüber reden und Klara und Pauli werden besonders glücklich gewesen sein. Rührt mich! Buit

IceIceBaby

Genialer Beitrag, das 4D Kino bzw. generell das Antarktik Museum sind für groß und klein sicher extrem spannend gewesen.
LieGrü aus dem Südbgld, bei uns schneit es übrigens gerade ;)

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