Das Leben ist schön -- wie Plimmerton
Von Wellington führt uns die Reise die Küste entlang rund 25km weiter nördlich, nach Plimmerton. Dieser kleine Badeort ist ein beliebtes Ausflugsziel für Wellingtonians; Wohlhabende besitzen sogar eine "Bach" (sprich: Bätsch), also ein Wochenendhäuschen, dort. Wir haben zwei Nächte in der Moana Lodge gebucht, die sich damit rühmt, "Five Star Backpackers Accommodation" anzubieten. Das Gästehaus wurde bereits 1926 als solches erbaut und hat sich seinen alten Sommerfrische-Charme über die Jahre erhalten. Modernisierungen wurden offensichtlich nur dort durchgeführt, wo sie unbedingt notwendig waren; ansonsten verströmt das Haus immer noch den Flair vergangener Zeiten. Direkt am Strand gelegen, bietet sich dem Gast ein traumhafter Ausblick auf's offene Meer (bei guter Sicht kann man sogar die Südinsel erkennen). Wenig Autoverkehr, wenig Leute, wenig Lärm... ein wahres Refugium zum Entspannen.
Wir bewohnen ein Familienzimmer für uns allein (es gibt auch Mehrbettzimmer wie es in einem Hostel üblich ist), benützen ein (blitzsauberes) Gemeinschaftsbad, sowie die Gemeinschaftsküche und den allgemeinen Wohnbereich "Lounge", der dazu einlädt, für Stunden in der weichen Couch zu versinken und durch die alten Verandascheiben über's Meer hinauszuschauen -- oder einfach gemütlich beisammen zu sitzen und zu spielen.
Das Hostel wird von zwei jungen Deutschen geführt, die im Sommer ihr Abitur gemacht haben und nun für ein paar Monate mit einem "Work and Travel" Visum in Neuseeland sind. Sie nennen sich stolz "Assistant Manager", wobei sie selbst hinzufügen, dass sich ihre Tätigkeit hauptsächlich auf's Wäschefalten erstreckt. Als Rudolf erzählt, dass er an der WU arbeitet, werden beide gleich wesentlich amtlicher und berichten nicht ohne ein wenig angemessene Wichtigkeit davon, wie sie das Putzpersonal managen und das Telefon beantworten. Sie möchten beide im Herbst ein Wirtschaftsstudium beginnen und wirken tüchtig und nett. Rudolf gibt ihnen eine Visitenkarte -- mal sehen, ob sie sich melden werden! Überhaupt ist die Lodge fest in deutscher Hand. Im Hostel sind, bis auf einen Italiener, der lieber für sich bleibt und fast permanent in sein Smartphone starrt, eigentlich nur deutschsprachige Gäste anzutreffen.
Die Ruhe, die man in Plimmerton findet, bedeutet allerdings im Umkehrschluss auch, dass man dort sonst nicht sehr viel findet. Was die Gastronomie anbelangt, kann man sich zwischen Pizza oder Fish&Chips entscheiden -- oder sich eben in der Gemeinschaftsküche des Hostels selbst etwas brutzeln. Am ersten Abend sind wir dafür nicht gerüstet und beschließen, den knappen Kilometer am Strand entlang zum Fish&Chips Lokal zu stapfen. Laut der deutschen Assistant Managerin sind die Fish&Chips von Plimmerton legendär... sogar aus Wellington würden die Leute extra nur dafür anreisen. Ich muss sagen, sie sind wirklich besonders gut -- frische Fischfilets werden vor unseren Augen im Backteig versenkt und frittiert. Noch besser ist allerdings der Sonnenuntergang, den wir von der Bank am Strand aus beobachten dürfen, während wir uns hungrig die Fischstücke und Chips mit fettigen Fingern in den Mund stopfen.
Im Finstern spazieren wir ins Hostel zurück, während uns ein frischer Wind so richtig durchbläst. Man hört nur das Meer und den Wind rauschen, hie und da bellt in der Ferne ein Hund. Wildromantisch...
Am nächsten Morgen weckt uns die Sonne, die von einem wolkenlosen Himmel lacht. Leider weht ein starker Wind, der es unmöglich macht, so richtig gemütlich am Strand zu liegen. Wir packen uns gut ein und ziehen trotzdem los. Anstelle des Strandlungerns klettern wir auf den Felsen umher und suchen Muscheln, Seaglass und Haifischzähne (letztere will Klara unbedingt finden...). Um die Mittagszeit ziehen wir uns ins Hostel zurück. Der Wind täuscht darüber hinweg, dass die Sonne doch recht unbarmherzig vom Himmel brennt und wir wollen keinen Sonnenstich riskieren (in Neuseeland geht das nämlich recht schnell aufgrund der extrem hohen UV-Belastung). Rudolf holt Pizza: Somit sind wir in allen Plimmertoner Lokalen eingekehrt! Nach dem Essen spielen wir Ligretto in der Lounge und ich nehme mir die Zeit, ein wenig zu bloggen.
Gegen 16h ziehen wir erneut los. Der Wind ist weniger stark und bei Ebbe zeigt sich hinter den Felsen ein richtig schöner Sandstrand. Wir spielen im Sand, toben herum und Rudolf wagt sich sogar ins kühle Wasser. Ein paar wenige andere Leute bevölkern den Strand; es ist alles sehr beschaulich in bester Plimmerton-Manier. Aus meinem guten Plan, mich ein wenig auszustrecken und zu lesen wird typischerweise nichts -- ich habe mir die unruhige Rosemarie in der Trage umgeschnallt, wo sie, nun zufrieden, leise schnarcht. Zufrieden ist sie aber nur, solange ich mich bewege. Sie achtet halt auf meine Fitness!
Später organisieren sich Rudolf und die Kinder Schaufeln und eine Harke, woraufhin ein großartiges Bauwerk entsteht. Der Inbegriff österreichischer Erfinder- und Ingenieurskunst, wie Rudolf sein Opus ein wenig unbescheiden, aber durchaus treffend bezeichnet. Klara und Pauli helfen fleißig und beflissen mit und sind begeistert, als das Becken, das sie so tüchtig gegraben haben, durch die Wellen aufgefüllt wird.
In dieser Nacht schlafen wir alle wieder ganz besonders gut... die Entspanntheit des Ortes wirkt sich auf uns alle aus. Wieder haben wir so einen wunderschönen Flecken Erde entdeckt! Was wir hier erleben dürfen, ist wirklich einzigartig.